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Linie 4: Endstation Borgfeld

■ In Lilienthal kippt eine Koalition aus CDU und FDP die Planungen für die Tram

Mit der Straßenbahn nach Lilienthal? Nach dem jüngsten Gemeinderatsbeschluss des Bremer Vorortes wird das wohl ein Wunschtraum bleiben. Mit ihrer bei den Kommunalwahlen im September neugewonnenen Mehrheit brachten CDU und FDP das seit einem Jahr laufende Planfeststellungsverfahren für die Verlängerung der Linie 4 zu Fall. Der dritte Bauabschnitt des Straßenbahnprojektes ist damit in weite Ferne gerückt. Opposition, Bremer Straßenbahn AG (BSAG) und das Bremer Umweltressort sind düpiert.

450.000 Euro hat das Land Niedersachsen bereits für die Planungen bezahlt; herauskommen sollte eine Studie, die Vor- und Nachteile einer Straßenbahn für die Gemeinde vor den Toren Bremens konkret beziffert. „Aber CDU und FDP wollten noch nicht einmal das Ergebnis abwarten“, regt sich Heiner Haase, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Lilienthaler Gemeinderat auf. Denn die wollten von Anfang an keine Tram durch ihre Hauptstraße.

28.500 Autos quälen sich heute täglich durch Lilienthal – mehr, als der Ort EinwohnerInnen hat. Der Stau ist hier Alltag. Vor zehn Jahren bereits fasste der Gemeinderat daher den sogenannten „Doppelbeschluss“: Bau einer Umgehungsstraße und Planung einer Straßenbahn. Auch die CDU stimmte damals dafür. Doch seit klar war, dass die Gleise durch die Hauptstraße verlaufen würden, formierte sich der Widerstand. Der Einzelhandelsverband sammelte 5.000 Unterschriften, bei den Kommunalwahlen im September gewannen schließlich die Straßenbahn-Geg-ner.

Seine Fraktion sei nicht grundsätzlich gegen eine Straßenbahn, betont der stellvertretende CDU-Bürgermeister Axel Miesner heute. Lediglich die Trassenführung mitten durch den Ort lehne die CDU ab. „Eine Schutzbehauptung“, kommentieren das die Straßenbahnbefürworter, denn eine andere Linienführung habe kaum Chancen. Schließlich mache es keinen Sinn, die Haltestellen fernab von der Masse der Bevölkerung und dem Geschäftsleben zu bauen. Das weiß auch Miesner. Das Nein zur Straßenbahn durch die Hauptstraße ist de facto ein Nein zur Bahn überhaupt.

Nach dem Willen der Gemeinderatsmehrheit soll die Verwaltung nun ein neues ÖPNV-Konzept entwerfen. Von einer Verknüpfung zwischen Bau der Umgehungsstraße und Straßenbahn ist inzwischen nicht mehr die Rede. „Wir haben aus Hannover die Zusicherung, dass die Straße auch ohne Straßenbahn finanziert wird“, erklärt die Lilienthaler Bürgermeisterin Monica Röhr (CDU).

Unklar ist allerdings, wie Bremen reagiert. Der Senat müsse Druck machen, damit auch der Vorort seinen Teil zur Verkehrsentlastung beitrage, fordert Peter Müller vom Bremer BUND. Die möglichen Trümpfe: Immerhin führt der letzte Teil der geplanten Umgehungsstraße über Bremer Gebiet, und bisher finanziert Bremen auch den Busverkehr nach Lilienthal – laut BSAG rund 250.000 Euro pro Jahr. Für den Fall, dass Lilienthal die Verlängerung der Linie 4 weiter blockiere, droht Müller zudem mit einer Klage gegen den Bau der Lilienthaler Umgehungsstraße durchs Naturschutzgebiet.

Die Straßenbahn-Fans in Lilienthal setzen stattdessen auf langen Atem. Spätestens nächstes Jahr, so prophezeit Haase, werde es eine deutliche Verschlechterung des Nahverkehrsangebotes geben. Wenn dann der Unmut in der Bevölkerung steige, könne man die Straßenbahn auch mit einem Bürgerentscheid wieder in Fahrt bringen. hoi

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