piwik no script img

Vier Säulen – frisch renoviert

Ökologisch, sozial, basisdemokratisch und gewaltfrei – das waren 22 Jahre lang die vier Säulen der Grünen. Ein wenig verloren standen sie in den letzten Jahren in einer veränderten politischen Landschaft. Nun hat die Partei ihr Grundsatzprogramm renoviert und sich von der Basisdemokratie verabschiedet. Zu antiquiert wirkt diese Forderung in einer Zeit, in der niemand mehr über Räterepublik und Mandatsrotation spricht. „Auf der Agenda steht die Weiterentwicklung der internationalen Beziehungen aus demokratischer Perspektive. Die Vollendung der Einigung Europas spielt dabei eine herausragende Rolle“, heißt es in der Präambel.

Von der Gewaltfreiheit und dem Pazifismus der Gründerjahre haben sich die Grünen bereits während der Balkankriege in einem quälenden Prozess verabschiedet. Nun ist es im Grundsatzprogramm festgeschrieben: „Wir wissen aber auch, dass sich die Anwendung rechtsstaatlich und völkerrechtlich legitimierter Gewalt nicht immer ausschließen lässt. Wir stellen uns diesem Konflikt, in den gewaltfreie Politik gerät, wenn völkermörderische und terroristische Gewalt Politik verneint.“

Starke Renovierungsarbeiten wurden an der Säule „sozial“ vorgenommen. Heute wird hier nicht mehr in erster Linie an die Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums von oben nach unten gedacht, sondern an „Gerechtigkeit“. Wörtlich heißt es: „Unsere Vorstellung von Gerechtigkeit geht über traditionelle Verteilungspolitik hinaus. Grüne Politik steht für Teilhabegerechtigkeit, für Generationengerechtigkeit, für Geschlechtergerechtigkeit und internationale Gerechtigkeit.

Die Grünen setzen ihr Konzept einer „emanzipatorischen Sozial- und Wirtschaftspolitik“, die fordert und nicht nur fördert, dem Konzept eines „bevormundend-fürsorglichen Staats“ entgegen.

Wie in den Anfangsjahren, so bleibt auch in Zukunft die Ökologie wichtigste Säule grüner Politik. Heute steht die Nachhaltigkeit im Mittelpunkt: „Mit der ökologischen Erweiterung des Gesellschaftsvertrages setzen wir Grüne der Zukunftsvergessenheit traditioneller Politik unsere Politik der Verantwortung für die künftigen Generationen und unsere Mitwelt entgegen.“

Mit zwölf Schlüsselprojekten soll die Gesellschaft in den nächsten Jahren entlang grüner Werte modernisiert werden. Schlüsselprojekte sind der Aufbruch ins Solarzeitalter, Transparenz für Verbraucher und Verbraucherinnen, eine neue Landwirtschaft, das Projekt Gesamtdeutsche Zukunft, das Konzept der Grundsicherung sozialer Sicherheit, kindergerechtes Leben als Teil der Generationengerechtigkeit, Wissenszugang als Bürgerrecht, Frauen an die Macht, Einwanderung, Europa der Bürgerinnen und Bürger, fairer Welthandel und internationale Standards.

EBERHARD SEIDEL

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen