: Zu gut fürs Fernsehen
■ Box-Weltmeisterin Michele Aboro darf nicht mehr für Universum boxen Von Oke Göttlich
„Es ist bizarr“, sagt Michele Aboro. Die bisher einzige unbesiegte Boxerin des Universum-Boxstalls und amtierende Weltmeisterin im Federgewicht darf nicht mehr für die in Wandsbek ansässige Firma ihre Fäuste fliegen lassen. „Ich weiß beim besten Willen nicht warum ich trotz laufenden Vertrages nicht mehr boxen soll“, gibt sich die 32-Jährige ratlos. Mit 21 Siegen und 12 Kos wird Aboro von vielen Boxexperten immerhin als „beste Boxerin im Universum-Stall“ (Boxingpress) bezeichnet.
„Das sehen wir ja genauso“, sagt Universum-Manager Peter Hanraths, aber „wir können Michele nicht vermarkten“. Die farbige Faustkämpferin wurde im Gegensatz zu ihren deutschen Stall-Gefährtinnen Daisy Lang und Regina Halmich nie im gleißenden Scheinwerferlicht des Milieus präsentiert und widerspricht den Aussagen Hanraths, der Aboro „als zu wenig fraulich“ bezeichnet und deshalb den Vertrag nicht verlängern will. „Das ist doch nur eine Suche nach Entschuldigung von Seiten Universums. Ich verkaufe mich eben anders als Daisy oder Regina, doch wenn mir überhaupt keine Möglichkeiten gegeben werden mich einer größeren Öffentlichkeit zu präsentieren, ist das schwierig“, empört sich Aboro.
Während Regina Halmich mehr durch fernsehwirksame und für Stefan Raab schmerzhafte Auftritte von sich reden macht, gilt Michele Aboro als Boxerin, die sich mehr dem Sport als der Show drumherum widmet. So fügte sie ihrer bisherigen Stallgefährtin Daisy Lang deren bisher einzige aber um so deutlichere Niederlage in 14 Kämpfen zu. Aus welchen Gründen sich der verkrampft an einer internationalen Expansion arbeitende Boxstall dennoch von einer auch im Ausland angesehenen Spitzenboxerin, deren Vertrag noch gültig ist, trennt, liegt nach Hanraths daran, dass „die Fernsehanstalten sie einfach nicht übertragen wollen“.
Eine Erklärung, die einer Profi-Boxerin, die nur von den Einnahmen der Kämpfe lebt, unverständlich ist. Im fünfstelligen Eurobereich bewegen sich die Kampfbörsen Aboros. Laut Vertrag wäre mindestens noch ein Kampf vorgesehen gewesen. „Der Passus im Vertrag sagt, dass wir 3-4 Kämpfe ausrichten sollen, aber nur sofern die Vermarktbarkeit gegeben ist“, entgegnet Hanraths, der bereits zwei Kämpfe mit Aboro durchgeführt hat. Warum Aboro nach Informationen der taz dennoch 10.000 Mark angeboten worden sind, um gütlich aus dem Vertrag auszusteigen, bleibt ein Geheimnis der Dons aus Wandsbek. Eine mögliche Erklärung wäre, dass sich Universum die Kosten des im Vertag erwähnten Kampfes in Höhe von ungefähr 100.000 Mark ersparen will, um Finanzierungsrisiken auszuschließen.
Inzwischen ist die Weltmeisterin in Amsterdam auf Jobsuche, „weil ich sonst keine Einnahmen in Aussicht habe“. Was die Zukunft in Sachen Boxen bringt, kann Aboro nicht sagen. Vielleicht kämpft sie einfach zu gut für das Fernsehen und ihre ehemaligen Vermarkter. Andere Boxställe werden das zu schätzen wissen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen