: Die Sprache des Geldes
Die Uni-Lehrbeauftragten bekommen erstmals seit 15 Jahren mehr Geld. Dadurch verringern sich die Sprachkurse an der FU, während die HU ihr Angebot verdoppelt und gebührenpflichtig macht
von OLIVER VOSS
Die Berliner Studenten befinden sich auf dem Höhepunkt der vorlesungsfreien Zeit, sie schreiben Hausarbeiten oder schlafen sich aus. Doch wer im kommenden Semester einen Sprachkurs belegen möchte, sollte sich bald darum kümmern, denn Anfang der Woche begann die Anmeldefrist. Beim Run auf die begehrten Plätze stehen diesmal die Chancen an der FU noch schlechter, die HU hingegen setzt ungeahnte Kapazitäten frei.
Der Grund ist die Erhöhung der Honorare für Lehrbeauftragte an Berliner Universitäten zum 1. April. Erstmals seit 15 Jahren erhalten diese auf einen Schlag 30 Prozent mehr. Für die Hochschulen ergeben sich nach Senatsangaben daraus Mehrkosten von über vier Millionen Euro. Wegen ihres hohen Anteils an Lehrbeauftragten sind die Mehrkosten gerade „für die Spracheinrichtungen gravierend“, sagt Linda Guzetti, Vertreterin der Lehrbeauftragten an der FU Berlin. „Der Senat und die zentrale Univerwaltung überlassen es jedoch den Fachbereichen, in welchem Maß die Honoraranhebungen vorgenommen werden“, erklärt Guzetti, die selbst Italienisch an allen drei Berliner Hochschulen unterrichtet.
Kürzungen an der FU
Am Sprachlabor der Freien Universität Berlin wird auf die Erhöhung der Lehrauftragsentgelte mit einer Reduzierung des Angebotes reagiert. „Sehr dramatisch“ sei dies besonders, so Linda Guzetti, für den Bereich Spanisch, „wo es für Nichtromanisten schon jetzt fast unmöglich ist, einen Platz zu bekommen“.
Doch nicht nur für Studenten hat die Kürzung des Lehrangebotes negative Folgen. „Eigentlich hätte ich drei Kurse, jetzt habe ich nur noch zwei, insgesamt verdiene ich also weniger“, erklärt Luita Spangler, Lehrbeauftragte für Englisch am FU-Sprachlabor. Zudem werden Vor- und Nachbereitungszeiten weiterhin bei der Bezahlung kaum berücksichtigt. Das Lehrbeauftragten-Dasein ist für Luita Spangler daher letztlich „ein furchtbarer Job, ich kenne keinen, der damit glücklich ist“.
Kursgebühren an der HU
Anders stellt sich die Situation an der HU dar. Für das kommende Semester wurde eine Reihe neuer Lehraufträge vergeben. Grundlage ist die neu beschlossene Entgeltordnung, nach der Studierende nun für Sprachkurse 5 Euro pro Semesterwochenstunde entrichten müssen, ein Kurs mit vier Stunden pro Woche kostet 20 Euro im Semester. „Ein etwas bittere und letzte, aber einzige Lösung“, sagt der stellvertretende Direktor des Sprachenzentrums, Erwin Ambos.
Mit den Einnahmen können die Kosten für die höheren Lehrauftragsvergütungen gedeckt werden; die Idee, ein Entgelt einzuführen, sei jedoch unabhängig davon entstanden. „Seit Jahren war der Bedarf nicht zu decken“, sagt Erwin Ambos zu den Gründen. Auch Studenten, die Anspruch auf einen Platz hatten, da von ihnen bestimmte Sprachnachweise gefordert wurden, gingen häufig leer aus. Durch die Einführung der Entgelte gebe es nun Mittel, um fast eine „Verdoppelung des Angebotes“ zu ermöglichen, sagt Erwin Ambos und denkt, „dass wir bald bedarfsdeckend arbeiten“. Zudem werden die Teilnehmerzahlen von 30 auf 20 reduziert.
Die Neuregelung wird nun erst mal zwei Jahre erprobt. Kritik an dieser Lösung gibt es trotzdem, die Studentenvertretung lehnte die Entgelte ab und fürchtet, alle Lehraufträge könnten über Gebühren gedeckt werden. Dies sei „nicht beabsichtigt“, versichert Erwin Ambos, „wir wollen auch kein Vorreiter für die schleichende Einführung von Studiengebühren sein“.
Die HU hat dabei den Vorteil, dass bisher traditionell nur zehn Prozent der Stunden von Lehrbeauftragten gehalten werden. An der Zentraleinrichtung Sprachlabor der FU ist es dagegen fast die Hälfte, die finanzielle Mehrbelastung ist entsprechend höher. Der Leiter der Einrichtung, Wolfgang Mackiewicz, bedauert den momentanen Einbruch, „doch für Einsparungen ist im Haushalt des Sprachlabors keine Luft“. Auch in der Einführung von Gebühren sieht er keine Lösung. „Die Uni hat sich mit gutem Grund gegen Studiengebühren entschieden, da ist nur konsequent, die Sprachen nicht anders zu behandeln“, erklärt Mackiewicz. Er sieht das Sprachlabor momentan in einem Übergangsstadium. Durch die Einführung von Bachelor-Studiengängen, bei denen der Spracherwerb gleich integriert ist, werde sich viel ändern. Ein Beschlussentwurf für entsprechende Konzepte befindet sich momentan im akademischen Senat der Universität. Mackiewicz plädiert zudem für eine inhaltliche Umstrukturierung, vor allem auf eigenständiges Lernen müsse künftig mehr Wert gelegt werden. Auch bei der „Ernsthaftigkeit“ der Studenten sieht Mackiewicz einen Teil des Problems, insbesondere für überfüllte Anfängerkurse, die unter wechselnden Interessen leiden: „Auf einmal gibt es eine neue Freundin, und dann geht es nicht mehr um Italienisch, sondern um Spanisch.“
Nur am kleinsten Sprachzentrum, dem der TU, bleibt fast alles beim Alten. „Die Lehraufträge bleiben in vollem Umfang erhalten“, erklärt Jürgen Lorenz, Leiter der Zentraleinrichtung für moderne Sprachen. „Wir konnten die längst überfällige Honorarerhöhung durch Umschichtungen unserer Mittel auffangen“, so Lorenz, insbesondere ausgelaufene Tutorenstellen wurden dabei nicht neu besetzt.
Anmeldefrist läuft
Anfang der Woche begann hier die Anmeldefrist, online und per Losverfahren werden die Plätze an TU-Studenten vergeben. Studierende anderer Universitäten können sich für frei gebliebene Plätze direkt beim Dozenten bewerben. Auch an der HU wird dieses Verfahren jetzt eingeführt, ab Ostern kann man sich dann bis in die ersten Semesterwochen bewerben. Dabei zählt Schnelligkeit, denn wenn Kurse bereits durch Anmeldungen überfüllt sind, wird der grüne „Kurs buchen“-Button zur roten „Warteliste“. Nur an der FU werden noch klassische Bewerbungszettel ausgefüllt. Wer dabei leer ausgeht, aber bereit ist, ein Entgelt zu zahlen, kann an der HU direkt zu Beginn der Kurse hingehen und sehen, ob Plätze übrig sind. Spätestens ab dem Wintersemester, hofft Erwin Ambos, dürften an der HU auch für Externe Plätze übrig bleiben.
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