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Der Klub der Hausmeister

In der Bar jeder Vernunft meißelt sich der Kabarettist und Musiker Andreas Rebers mit jedem Wort seines Programms „Ich mag mich trotzdem“ ein Stück weiter voran in der abseitigen Fantasiewelt aus „Ich“, „Überich“ und „Untermir“

Er kommt auf die Bühne, zögernd, als habe er zähen Grund zu durchschreiten. Dort steht er dann, ein wenig beklommen, der Anzug ist etwas zu groß, unbeholfen lächelt er. Er beginnt zu sprechen, und mit jedem Wort meißelt er sein Inneres in die Welt, bis schließlich ein dichtes Bild entsteht, fast taktil.

Der Kabarettist Andreas Rebers ist ein Meister des Abseitigen. Seine Figuren irren in einem Koordinatensystem fragil verbundener Begriffe umher, irgendwo zwischen obsessiver Versenkung ins ordnende Detail und hoffnungsvoller Fantasie einer Welt außerhalb der eigenen. In seinem Programm „Ich mag mich trotzdem“ ist das ordnende Zentrum die Küche. „Der Deutsche zerfällt, je nachdem wo man ihn trifft, in drei Teile. In das „Ich“, das „Überich“ und das „Untermir“. Ich selbst bin auch so einer, aber ich mag mich trotzdem. Untermir wohnt der Hausmeister und überich der Lehrer. Ich selbst bin meistens in der Küche.“

„In der Küche ist vieles anders“, dort ist man ungewungener und von dort mäandern die Monologe der Rebers’schen Gestalten hinaus ins Periphere, wo das eigene Ich langsam zerfällt. Dann gilt es, den Denkraum zu verkleinern, bis die Verstörung an den Begrenzungen der Dingwelt ihr Ende finden kann.

Andreas Rebers erzählt Geschichten, erfindet Gestalten und lässt dichte Gebilde aus Rhythmus und Spannung entstehen, die seine ZuschauerInnen nicht mehr loslassen werden. Er spielt sich hinein und hinaus aus seinen Figuren, hat mal mehr, mal weniger Distanz, wechselt den Ort und die Ebenen, plaudert, deutet an. Wird sehr gemein, dann wieder harmlos und heiter. Dabei hat er einen Vorteil. Er ist unglaublich komisch.

Dass seine Texte ebenso Kompositionen scheinen wie seine Lieder, die er am Flügel oder wunderbar passend mit dem randständigsten aller Instrumente, dem Knopfgriffakkordeon, begleitet, mag nicht verwundern. Schließlich hat er in Hannover Akkordeon studiert, war dann musikalischer Leiter des Schauspiels am Staatstheater Braunschweig. Seit 1992 ist er nur mehr Kabarettist, lebt in München, war dort Ensemblemitglied der Lach- und Schießgesellschaft. Seit Herbst 2001 moderiert er jeden ersten Montag im Monat zusammen mit Martin Quilitz den „Klub Komik“ in der Bar jeder Vernunft.

Weil sein Programm autobiografische Elemente enthält, wie etwa die weserbergländische Ackerfurche, von Rebers zum Sinnbild abweichungslosen Geradeausdenkens erklärt, mag der Eindruck entstehen, Rebers spiele nicht zuletzt sich selbst. Dabei entzieht sich sein Bühnenich nur bekannten Typologien, lässt Raum für Entlegenes. Raum eben für Rebers. „Manchmal schaue ich beim Abwaschen ins Spülwasser und träume davon, den Grauwalen moderne Akkordeonmusik vorzuspielen. Aber dann sagt der Lehrer: Wenn du das tust, dann verlieren sie die Orientierung und verrecken am Strand. Daraufhin sagt der Hausmeister: Und ich muss den ganzen Dreck wieder aufräumen.“

KATRIN KRUSE

Andreas Rebers: „Ich mag mich trotzdem“, heute um 20.30 Uhr in der Bar jeder Vernunft, Schaperstraße 24

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