: Bahn-Opfer pikiert
Eschede-Selbsthilfe sind empört, nachdem Ombudsmann der Bahn Forderungen der Hinterbliebenen in der taz als überzogen kritisiert hat
LÜNEBURG/BERLIN dpa/taz ■ Angehörige der Opfer des Zugunglücks von Eschede haben enttäuscht und empört auf die Kritik an ihren Schmerzensgeldforderungen reagiert. Der Ombudsmann der Bahn, Otto Ernst Krasney, hatte die Forderungen der Hinterbliebenen der Eschede-Opfer im taz-Interview als übertrieben kritisiert. „Herr Krasney hat unsere Situation nie verstanden. Es geht uns in erster Linie nicht um Geld, sondern um Genugtuung“, so der Sprecher der Selbsthilfe Eschede, Löwen, gestern. Nach Ansicht der Interessengemeinschaft ist die Bahn „meilenweit von einer angemessenen Sühneleistung entfernt“.
Krasney habe sich die sture Haltung der Bahn zu Eigen gemacht, die kein Schuldbewusstsein zeige. Dies sei erstaunlich angesichts der „Ermittlungsergebnisse der Lüneburger Staatsanwaltschaft“, sagte Löwen. Das Recht in Sachen Schmerzensgeld sei grundsätzlich verbesserungswürdig, wenn nach wie vor Sachschäden besser reguliert würden als Personenschäden. „Die von uns im Zivilprozess geforderten 127.822 Euro (250.000 Mark) sind angesichts des Schmerzes und der nicht wieder gutzumachenden Folgen bescheiden.“
Zu Krasneys Äußerungen sagte Bahnsprecher Uwe Herz: „Wir sehen uns durch die Aussagen bestätigt.“ Forderungen in dieser Höhe lägen „völlig außerhalb des deutschen Rechtssystems“, hatte der Ombudsmann der taz gesagt. Die Deutsche Bahn habe bisher für jeden getöteten Fahrgast 15.338 Euro (30.000 Mark) an Hinterbliebene gezahlt. Die Bahn habe so entschädigt, als hätte sie den Unfall verursacht. Es seien ca. 23 Millionen Euro (45 Millionen Mark) an Schadenersatz und Schmerzensgeld ausbezahlt worden. Einzelpersonen hätten neben den Renten bis zu zwei Millionen Mark erhalten. Krasney kündigte an, dass seine Funktion als Ombudsmann in wenigen Wochen beendet sei.
Bei dem ICE-Unglück 1998 starben 101 Menschen, über 100 wurden verletzt. Der erste Zivilprozess um Schmerzensgeldforderungen von Hinterbliebenen begann im Februar vor dem Berliner Landgericht.
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