Das gesund-fröhliche Osterfest

Die Psychotherapeutin Mia von Waldenfels setzt auf Lachen zur Entspannung. Schließlich haben Wissenschaftler herausgefunden, dass Lachen Glückshormone freisetzt. Am Ostersonntag will sie eine ganze Kirche ermuntern

Sie war kein fröhliches Kind. „Mit fünf Jahren“, sagt Mia von Waldenfels, „war ich ganz ernst und altklug.“ Heute lacht die hübsche langhaarige Frau viel – privat, und auch in Kirchen, in Gruppen und auf Inseln. Es ist ihr Job, andere zum Lachen zu bringen. Mia von Waldenfels ist Lachtherapeutin, und Lachen ist gesund – das weiß schon der Volksmund –, so gesund, dass es heilen kann. Das sagen östliche Heilslehren, wie die traditionelle chinesische Medizin und die indische Ayurveda-„Lehre vom richtigen Leben“.

Auch der Westeuropäer kann seinen Missmut ablegen, denn seit den Sechzigerjahren beschäftigt sich auch die „Gelotologie“, die moderne Lachforschung, mit dem Phänomen. Wissenschaftler der Universität Stanford haben herausgefunden, dass das Lachen viel Gutes bringt, zum Beispiel die Produktion des Stresshormons Adrenalin eindämmt und die Atmung und damit den Gasaustausch im Körper aktiviert. Außerdem werden Glückshormone, die Endorphine, freigesetzt, ähnlich wie beim Laufen.

„Eine Minute Lachen ist so effektiv wie zehn Minuten Joggen“, sagt Mia von Waldenfels. Sie mag diese Beispiele. In eine „esoterische Ecke“ will die 31-jährige Psychotherapeutin nicht gestellt werden. Sie bietet „Lachen als Experiment“ an, als Teil ihrer therapeutischen Behandlungsmethode, nicht als deren Ersatz. Sie lacht mit Schülern, Senioren und Liebespaaren, sie integriert Lachtechniken in ihre Kommunikationsseminare, sie gibt Lachkurse, leitet Lachgruppen, und fährt einmal im Jahr mit Lachwütigen nach Mallorca. Eine Woche lang wird dann auf einer Finca am Meer gelacht, was das Zeug hält.

Mia von Waldenfels ist mit ihrem Lachtraining ganz vorn. Die Therapeutin trainiert gezielte Entspannung. Das „Spielerische“ sei ihr wichtig, damit die Leute aus ihren „festgefahrenen Bahnen“ herauskommen. Im Schöneberger Zeit-Los-Zentrum leitet von Waldenfels eine offene Lachgruppe, ungefähr dreißig Leute sind da. Man sitzt im Kreis, die Therapeutin fragt, was einem zum Thema „Putzen“ einfalle. Eine Frau sagt, dass Putzen sie nervt, eine andere meint, das strenge sie so an, dass sie danach oft Schmerzen habe. Man einigt sich darauf, dass Putzen doof ist.

Doch dann fordert von Waldenfels die Leute auf, durch den Raum zu laufen, zu hüpfen, die Arme zu schlenkern, und „ho ho ho“ zu rufen. Man macht pantomimische Putzbewegungen und stellt sich vor, es wäre eine schöne Party, man begrüßt andere Teilnehmer freundlich, man beschimpft sie. Man schnattert in Entensprache mit dem Nachbarn. Und man lacht. Nach eineinhalb Stunden sitzen die Leute wieder im Kreis, mit strahlenden Gesichtern, und Putzen ist nicht mehr doof.

„Das lockert das Zwerchfell, die Bauchdecke und vor allem den Kopf“, sagt von Waldenfels, „dabei ist es überhaupt nicht wichtig, ob die Übungen Sinn machen.“ Jeder gute Witz sprenge Denkmuster auf. „Humor und Lachen hebt uns aus dem Leiden heraus“, erklärt die Therapeutin, „man nimmt sich und seine Situation nicht mehr so ernst, man erkennt oder fühlt, dass ein Problem nicht erdrückend, sondern relativ ist.“

Aufzeigen, wie Probleme gelöst und neue Lebenswege gefunden werden können, gehört zum Job des Therapeuten. Jemanden frei entscheiden zu lassen, auch. Mia von Waldenfels glaubt nicht an eine Anleitung zum Glücklichsein. „Ich will niemanden zum ‚positive thinking‘ hindrängen und ihm vorgaukeln, alles ist rosarot. Wenn jemand trauert, dann soll er sich die Zeit dafür nehmen.“

Sie lacht noch nicht lange für die gute Sache. Vor zwei Jahren erzählte ihr ein tibetischer Freund von indischen Lachclubs, die der Arzt Mandan Kataria 1997 in Bombay begründete, „und da hab ich Blut geleckt“. Im letzten Mai organisierte sie den Weltlachtag auf dem Alexanderplatz, zum ersten Mal in Deutschland. In diesem Jahr soll es wieder einen geben, mit dem Arzt Kataria als Gast. Sie schreibt ein Buch über die Heilungsmöglichkeiten des Lachens. Zu Ostern lacht sie in der Kirche. „Denn wir brauchen gar nicht so weit weg zu schauen, hier gibt es auch Lachtraditionen.“ Wie das „Osterlachen“, das vom vierzehnten bis zum neunzehnten Jahrhundert praktiziert wurde, um „den Herrn“ zu preisen. „Normalerweise traut man sich ja nicht, in der Kirche zu lachen“, sagt die Therapeutin fröhlich. Das hat wohl bald ein Ende.

JANA SITTNICK

Osterlachen am Sonntag, 10.30 Uhr, Philippusgemeinde, Stierstraße 17–19, Schöneberg; www.lachtraining.de