Klare Absage vom Goldesel

Der Bund verweigert mehr Geld für den Berliner Kulturetat und fordert ein Konzept zur Aufteilung städtischer und staatlicher Institutionen

„Der Bund stopft nicht auf Zuruf die Löcher im Berliner Kulturetat“

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Im Streit zwischen dem Bund und dem Land Berlin um zusätzliche Finanzhilfen für die hauptstädtische Kultur hat sich Kultursentor Thomas Flierl (PDS) eine klare Absage fast aller im Bundestag vertretenen Parteien eingehandelt. Nachdem die Vorsitzende im Kulturausschuss des Deutschen Bundestages, Monika Griefahn, sowie Staatsminister Julian Nida-Rümelin (beide SPD), es abgelehnt hatten, mehr Geld für kulturelle Institutionen bereitzustellen, zeigten sich jetzt auch die anderen Fraktionen verärgert über Flierls Anmaßungen. Es könne nicht sein, sagte der Haushaltsexperte der FDP-Fraktion Hans-Joachim Otto zur taz, „dass der Bund auf Zuruf und zu seinen Lasten die Löcher im Berliner Kulturetat stopft“. Die von Flierl geforderten 27 Millionen Euro, die in seinem Haushalt 2002/2003 als pauschale Minderausgaben verbucht sind, müsse das Land selbst aufbringen.

Zugleich wiesen die kulturpolitischen Sprecher der Fraktionen darauf hin, dass zwischen dem Land und dem Bund konkrete Vorschläge zur Entflechtung („Systematisierung“) kultureller Institutionen erarbeitet werden müssen – sprich welche Häuser in Landes- beziehungsweise in Bundesverantwortung überführt werden sollten.

Der rot-rote Senat hatte in seinem Doppelhaushalt 2002/2003 für den Kulturetat eine Deckungslücke von 27 Millionen Euro als so genannte pauschale Minderausgaben ausgewiesen. Flierl hatte sich – ohne konkrete Zusagen und ganz in der unseligen Tradition seiner Vorgänger – optimistisch geäußert, dass der Bund erneut mit einer Finanzspritze aushelfen werde. Ohne die Subventionen wären etwa Sanierungsmaßnahmen von Bühnen oder die Unterstützung von Kulturprojekten gefährdet.

Nach Ansicht von Otto betreibe Berlin am Beispiel des Kulturetats weiter eine unseriöse Haushaltspolitik. „Immer nach dem Bund zu rufen, wenn es brennt, geht nicht.“ Der Kultursenator selbst müsse sehen, woher er die fehlenden Mittel hole. Otto forderte Flierl und den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit auf, entsprechend den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz vom Dezember 2001 ein Konzept zu entwickeln, das die Kulturförderung und die Verantwortlichkeiten für die großen Bühnen und Museen zwischen dem Land und dem Bund neu regelt. „Wowereit muss endlich die Initiative ergeifen“, fordet Hans-Joachim Otto. „Die Systematisierungsvorschläge müssen beinhalten: Was übernimmt der Bund und was übernimmt das Land.“ Klarheit müsse etwa geschaffen werden für die Zuständigkeit bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der Museumsinsel, den Operhäusern, neuen Gedenkstätten und großen Museen. Erst auf der Grundlage dieses Konzepts könne mit den anderen Ländern und dem Bund verhandelt werden.

Unterstützung erhielt Otto von seinem Kollegen Norbert Lammert (CDU). Nach Aussage von Lammerts Sprecher Olaf Gehrke könne der Bund „nicht immer die Defizite Berlins kompensieren“, darum müsse der Flierl-Forderung nach 27 Millionen eine Absage erteilt werden. Gehrke mahnte wie Otto ein Entflechtungskonzept für die Zukunft an. Es mache keinen Sinn, wenn die Stadt aus Geldnot jedes Jahr „neue Kronjuwelen“, etwa das Jüdische Museum oder die Staatsoper, dem Bund anbiete. Er sprach sich für eine klare gesetzliche Regelung – wie etwa bei den Gedenkstätten– aus.

Aus Sicht von Heinrich Fink (PDS) und Eckhardt Barthel (SPD), beide Mitglieder im Bundeskulturausschuss, ist es ebenfalls an der Zeit, eine Systematisierung der Kultureinrichtungen zu erarbeiten. Weniger hart als ihre Kollegen Griefahn, Otto und Lammert gingen beide mit der 27-Millionen-Euro-Anfrage des Kultursenators ins Gericht. Hilfe bei der akuten Misere im Kulturhaushalt, sagte Fink, könne er sich etwa durch eine Unterstützung „bei Investitionsmaßnahmen für die Sanierung der Staatsoper“ vorstellen. Ausgeschlossen ist laut Barthel aber ein lang praktiziertes Berliner Verfahren. „Kein Geld gibt es, wenn die Mittel in den Gesamthaushalt fließen sollen.“