piwik no script img

Bund kann Milliarden behalten

Die Klage der Länder auf Beteiligung an den UMTS-Erlösen scheitert in Karlsruhe. Nun haben sich Bayern und Baden-Württemberg vorgenommen, das Grundgesetz zu ändern

FREIBURG taz ■ Außer Spesen nichts gewesen. Der Bund darf die Erlöse aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen behalten. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Donnerstag wie erwartet entschieden. Die Verfassungsklage von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, die für die Länder die Hälfte der 50 Milliarden Mark reklamierten, wiesen die Richter ab.

Im Sommer 2000 war es Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) gelungen, aus nichts ziemlich viel Geld zu machen. Bei der Versteigerung der neuen Mobilfunkfrequenzen nach dem UMTS-Standard nahm er 99 Milliarden Mark ein. Das mit dem Nichts wollten ihm die Länder wohl nachmachen – denn im Grundgesetz findet sich keinerlei Bestimmung, mit der sie ihren Anspruch auf Beteiligung am Geld begründen konnten. Sie beriefen sich deshalb auf einen „ungeschriebenen Verfassungssatz“, wonach besonders hohe nichtsteuerliche Einnahmen ähnlich wie Steuern auf Bund und Länder zu verteilen seien.

Doch schon in der mündlichen Verhandlung vor drei Wochen zeichnete sich ab, dass die Karlsruher Richter mit dieser Konstruktion wenig anfangen konnten. Jetzt haben es die Länder schriftlich. Das Grundgesetz biete „keine verfassungsrechtliche Grundlage“ für die Beteiligung der Länder an den Versteigerungserlösen, erklärte der Zweite Senat unter Präsidentin Jutta Limbach am Donnerstag. Die Erträge stünden dem Bund zu, weil er auch die Verwaltungszuständigkeit für Telekommunikationsfragen habe.

Selbst wenn sich Bund und Länder auf eine hälftige Teilung der Erlöse geeinigt hätten, so die Richter, wäre das wegen der eindeutigen Struktur des Grundgesetzes verfassungswidrig gewesen. Wie um den Ländern zu zeigen, wie haltlos ihr Ansinnen war, haben sie die entscheidenden Sätze des Urteils nicht einmal neu formuliert, sondern aus alten Entscheidungen abgeschrieben.

Bayern und Baden-Württemberg wollen nun das Grundgesetz ändern. „Mit seinem Urteil hat das Verfassungsgericht den Ball ins Feld der Politik zurückgespielt“, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU). Tatsächlich haben die Verfassungshüter auf die Möglichkeit einer Verfassungsänderung hingewiesen, falls „neuartige Einnahmequellen mit bedeutsamen Erträgen“ das Verteilungssystem des Grundgesetzes sprengten. Das ist jedoch ein eher abstrakter Hinweis. Bisher ist nicht absehbar, dass es zu weiteren Versteigerungen mit Milliardeneinnahmen kommt. Und selbst dann müsste neben der Länderkammer auch der Bundestag mit zwei Dritteln der Stimmen einer Grundgesetzänderung zustimmen. „Eine derartige Mehrheit sehe ich aber nicht“, erklärte Finanzstaatssekretärin Barbara Hendricks. (Az.: 2 BvG 1/01) CHRISTIAN RATH

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen