ostermarsch: Keine Lust auf Widerspruch
Dass die zahlreichen Palästinenser den gestrigen Ostermarsch nutzten, um auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen, verwundert nicht. Schließlich ist es mittlerweile Allgemeingut, dass Politik über Symbole funktioniert. Und ein antiisraelischer Ostermarsch ist ein Symbol, das es in dieser Stadt bislang noch nicht gegeben hat.
Kommentar von UWE RADA
Umso erstaunlicher ist allerdings, wie wenig Inhalt diejenigen zu bieten hatten, deren Landsleute nicht mit dem Rücken zur Wand stehen. Wer von einem „terroristischen Staat Israel“ spricht, ohne zugleich von den palästinensischen Selbstmordattentätern“ zu reden, macht sich unglaubwürdig, vor allem, wenn er vorgibt, für Frieden und Menschenrechte einzutreten. Der Terror mitsamt seinen Folgen beginnt schließlich nicht erst mit dem US-Angriff auf Afghanistan oder dem Wiedereinmarsch der Israelis in den palästinensischen Autonomiegebieten.
So gesehen hat der Berliner Ostermarsch wieder einmal bewiesen, dass er alter Wein in nicht einmal neuen Schläuchen ist, ein Relikt aus einer Zeit, in der die Welt noch in böse und gut zu unterteilen war. Statt Lust auf Widerspruch gab es nur die Bestätigung alter Feindbilder. Selbst die PDS als selbst ernannte Antikriegspartei hat das offenbar geahnt und blieb dem Aufzug nahezu komplett fern.
Bleibt das verständliche Anliegen der Palästinenser. Aber auch dem hätte es nicht geschadet, wäre man ihm mit mehr Lust am Widerspruch begegnet. Dann hätte man etwa thematisieren können, warum auch in Berlin der Protest gegen die israelische Kriegspolitik immer mehr religiöse Züge annimmt.
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