piwik no script img

Der Kapverden-Luxemburg-Express mit Stopp in Bremen

■ Neu im Kino: Der Film „Black Dju Dibonga“ von Pol Cruchten weckt den Schutzinstinkt der Zuschauer

Wann sieht man im Kino schon mal die Häfen der Kapverdischen Inseln oder Straßenszenen aus Luxemburg? Ein kleiner Film von kleinen Ländern ist „Black Dju Dibonga“: das sympathische Porträt eines jungen Mannes, der sich von den warmen Inseln ins kalte, winterliche Luxemburg aufmacht, um dort seinen Vater zu suchen, der jahrelang Geld an seine Familie zurückschickte, aber schon lange nichts mehr von sich hören ließ.

Dieser Dju Délé Dibonga ist so nett und harmlos, dass sofort die Schutzinstinkte im Zuschauer geweckt werden, und wenn dann die bösen, offensichtlich fremdenfeindlichen Polizisten auftauchen, fürchtet man das Schlimmste. Aber wie im Märchen kommt die gute Fee – hier in Gestalt eines alkoholkranken, gerade suspendierten Polizisten, der Délé scheinbar völlig selbstlos tagelang bei der Suche nach seinem Vater hilft. Mit solch einem heiligen Trinker an der Seite kann Délé nichts wirklich Schlimmes passieren.

Zudem kennt er ja in Luxemburg noch die schöne Krankenschwester Zeca aus seinem Heimatdorf – und den Rest vom Film kann man sich ab diesem Moment beinah ausmalen.

Tatsächlich ist das Drehbuch die Schwäche von „Black Dju Dibango“. Manchmal verliert man fast die Geduld mit diesem Film, in dem alles nur angerissen, nichts konsequent zu Ende geführt und jede dramaturgische Zuspitzung ungeschickt umgebogen wird, kurz bevor es wirklich interessant wird. Es gibt auch offensichtliche Löcher in der Geschichte: Plötzlich hat Dju eine Handverletzung, die von Zeca liebevoll behandelt wird, aber man erfährt nie, wo er sie sich eigentlich her hat. Nächstes Beispiel: Die Razzia auf einer Party von Immigranten. Aber die ganze Spannung verpufft im Nichts, denn unsere Helden finden einfach eine Hintertür und schwupp ist von ihnen nichts mehr zu sehen.

Packend erzählen kann der luxemburgische Filmemacher Pol Cruchten ganz bestimmt nicht. Jedenfalls nicht hier. Schade, denn davon abgesehen ist dies ein schöner, bescheidener Film mit vielen halbdokumentarischen Einblicken in das Leben von Arbeitsemigranten in Europa.

Richard Courcet spielt den Dju fast schon zu nett und ohne Widersprüche. Es scheint so, als würde sich der Europäer Cruchten nicht trauen, uns einen nichteuropäischen Helden vorzusetzten, der auch selbstsüchtig, niedergeschlagen oder ignorant sein kann. Dem entsprechend sind die bösen Polizisten überdeutlich als solche zu erkennen: sehr kurze Haare, schwarze Lederjacke, zackiger Schritt und jedes Wort politsch unkorrekt. Drei rechte Pappkameraden, so werden sie inszeniert.

Als einziger wirklich lebendig wird in diesem Film nur Philippe Léotard als alkoholsüchtiger Inspektor Plettschette. Und dies nicht etwa, weil seine Rolle besonders komplex angelegt ist, sondern einfach, weil Léotard ihn so glaubwürdig und authentisch darstellt, dass man sich oft fragt, ob er überhaupt spielt oder tatsächlich besoffen vor der Kamera herumtorkelt.

Aber Léotard hat schon für Truffaut und Zinnemann gearbeitet, einen „César“ für seine Rolle in „La Balance“ bekommen (er ist einer von diesen zerknitterten Franzosen, die einem von ihren vielen Nebenrollen her schon wie alte Bekannte vorkommen). Da ist es doch wahrscheinlicher, dass er ein begnadeter Darsteller und kein Alkoholiker im Endstadium ist. Wobei das eine ja das andere nicht ausschließt.

Wilfried Hippen

„Black Dju Dibonga“ läuft in der Originalfassung mit Untertiteln im Kino 46 von heute bis Sa. um 20.30 Uhr und von So. bis Di. um 18.30 Uhr.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen