Gerangel um die Präsidentschaft

In Frankreich wollen siebzehn Personen bei den Wahlen am 21. April antreten – so viele wie noch nie zuvor. Auch der Rechtsextremist Le Pen ist mit von der Partie. Doch das Patenschaftssystem für die Kandidaten ist erstmals in die Kritik geraten

aus Paris DOROTHEA HAHN

17 KandidatInnen – mehr als je zuvor in der Geschichte der Direktwahlen des Staatspräsidenten – sind gestern in den Endspurt auf das höchste Amt im Staate Frankreich gestartet. Die Palette reicht von drei TrotzkistInnen über fünf RepräsentantInnen der gemäßigten Linken sowie sieben aus dem rechten Lager bis hin zu zwei rechtsextremen Kandidaten. Nach eigener Auskunft haben sie bis zum Ablauf der Frist um 24 Uhr in der Nacht zu gestern die jeweils nötigen 500 Unterstützungsunterschriften eingereicht. Gestern prüfte der Staatsrat noch die Rechtmäßigkeit der „Patenschaften“ durch Bürgermeister und andere gewählte Politiker. Heute werden die „Weisen“ die offizielle KandidatInnenliste veröffentlichen. An der nie dagewesenen KandidatInnenflut wird das nichts ändern.

Im Hauptquartier des Rechtsextremen Jean-Marie Le Pen knallten bereits in der Nacht zu gestern die Champagnerkorken. Der 73-jährige Le Pen erklärte triumphierend, dass er „trotz aller Widerstände“ 503 Unterstützungsunterschriften für seine Kandidatur erhalten habe. In den Vorwochen hatte der Rechtsextreme sich vielfach als „Opfer einer Verschwörung“ dargestellt. Le Pen behauptete, Chiracs Partei RPR habe Bürgermeistern, die seine Kandidatur unterstützen wollten, Subventionsentzug und andere Sanktionen angedroht. Daraufhin hätten viele potentielle Paten einen Rückzieher gemacht. Le Pen, für den der Sozialdemokrat Jospin als Staatspräsident das kleinere Übel wäre, sagte auch, wenn er nicht antreten dürfe, wäre „Chirac am Ende“.

Nach eigenem Bekunden hatten auch andere „kleine“ KandidatInnen Schwierigkeiten bei der Beschaffung der Patenschaften, für die theoretisch alle 36.000 Bürgermeister Frankreichs sowie die gewählten Politiker auf lokaler und nationaler Ebene in Frage kommen. Mehrere Dinosaurier der französischen Politik scheiterten offenbar an der Patenschaftshürde. Darunter der gaullistische Rechtsaußen Charles Pasqua und der „weder rechts noch links“-Umweltpolitiker Antoine Waechter. Überraschenderweise haben hingegen mehrere AußenseiterInnen die nötigen Unterschriften bekommen. Darunter die erste schwarze Kandidatin auf das Amt, die sozialdemokratische Guyanerin Christiane Taubira, und der weitgehend unbekannte Steuergegner Nicolas Miguet.

Das System der „Patenschaften“ ist damit erstmals in der Fünften Republik in die Kritik geraten. Unter anderem, weil es zwischendurch so aussah, als könnte Le Pen, dem die Meinungsforschungsinstitute 10 Prozent der Stimmen prognostizieren, gar nicht an der Wahl teilnehmen. Während sein laut Prognosen mit nur 1,5 Prozent der Stimmen ausgestatteter rechtsextremer Konkurren Mégret sich hingegen längst für den Urnengang qualifiziert hatte. Mehrere KandidatInnen erklären haben das Patenschaftssystem für reformbedürftig. Als Alternative für die Endauswahl der Kandidaturen für kommende Direktwahlen sind „Volksinitiativen“ im Gespräch. Danach würde die Unterschrift einer bestimmten Zahl wahlberechtigter Bürger reichen, um zu kandidieren.

Im ersten Durchgang am 21. April wird sich die Entscheidung trotz der Vielfalt auf einige wenige KandidatInnen zuspitzen: zwei Männer aus dem politischen Zentrum – Chirac und Jospin – und zwei Personen von den Rändern: die Trotzkistin Laguiller und der Rechtsextreme Le Pen. Die Bestplatzierten werden am 5. Mai in die Stichwahl gehen. Dort winken die größten Chancen jenen Männern, die seit sieben (Chirac) und seit fünf Jahren (Jospin) die Geschäfte im Staate Frankreich führen. Ihnen sagen die Prognosen ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus.