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Bushs Initiative ist ein Kurswechsel

Der neue Vorstoß ist auch von der Furcht Washingtons bestimmt, jeden Einfluss in der arabischen Welt zu verlieren

WASHINGTON taz ■ Die Zeit der Zurückhaltung ist vorbei. Der amerikanische Präsident forderte am Donnerstagabend die israelische Regierung auf, die Besetzung der Palästinensergebiete zu beenden, und kündigte eine neue Friedensinitiative an. Nächste Woche soll Außenminister Colin Powell mit einem neuen umfassenden Friedensplan, dessen Einzelheiten bislang nicht bekannt sind, in den Nahen Osten reisen. Ein erster Erfolg des neuen politischen Drucks: Israel gestattete dem bislang erfolglosen US-Beauftragten für den Nahen Osten, Anthony Zinni, sich mit dem palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat in Ramallah zu treffen.

Seit einigen Tagen hatte sich abgezeichnet, dass die USA ihre Zurückhaltung im Nahen Osten aufgeben würden. Fraglich blieb die Richtung der Initiative. Am Mittwoch hatte Außenminister Powell in einem langen Fernsehinterview den Weg für den Wechsel bereitet. Er erklärte, die USA würden nicht länger auf ihrer Position beharren, wonach erst die Gewalt enden müsse, bevor politische Verhandlungen aufgenommen werden könnten. Es gehe nicht nur um einen Waffenstillstand, sondern um ein deutliches politisches Signal an die Palästinenser.

Arabisch-amerikanische Gruppen hatten die US-Regierung seit langem gemahnt, in den palästinensisch-israelischen Konflikt einzugreifen. Bushs „bedingungslose“ Unterstützung Israels erhöhe das Risiko weiterer Terroranschläge und schade den US-Interessen in der Region. Sie forderten eine internationale Schutztruppe, um eine Waffenruhe zu überwachen. Einflussreiche jüdischen Organisationen und prominente Konservative hingegen verlangten von Bush, er solle alle Versuche, mit Arafat zu verhandeln, abbrechen und den Krieg gegen den Terror auch auf ihn ausweiten. Ihnen hat Bush vorerst eine Absage erteilt.

Ernste Sorge bereitet dem Weißen Haus offenbar die zunehmende Erosion der amerikanisch-arabischen Beziehungen. Ein deutliches Signal kam letzte Woche aus Kuwait. Es muss für die Amerikaner ein Schlag ins Gesicht gewesen sein. Das Land, das sie vor elf Jahren von der irakischen Invasion befreiten, unterzeichnete auf der Konferenz der Arabischen Liga in Beirut einen Freundschaftsvertrag mit dem ehemaligen Aggressor. Die Ambitionen der USA, den irakischen Diktator Saddam Hussein mit einem Militäreinsatz zu stürzen, könnten damit in weite Ferne rücken. In Washington ist es neuerdings erstaunlich ruhig um das Thema Irak geworden.

„Die Situtation hatte einen Punkt erreicht, wo die anhaltende Unterstützung für Israel den USA erheblichen Schaden zufügt bei unseren Partner im Nahen Osten“, sagt Judith Kipper, Nahost-Expertin vom Center for Strategic and International Studies. Die arabischen Alliierten seien überzeugt, dass die USA die Macht hätten, die militärischen Aktionen Israels zu stoppen. In den vergangenen Tagen hatten Präsident Husni Mubarak von Ägypten und König Abdullah von Jordanien deutliche Kritik an der einseitigen Haltung der USA geübt. Beide Staaten, enge Partner der Amerikaner und Mittler zwischen dem Westen und der arabischen Welt, sehen ihre Rolle untergraben und sich zunehmend einheimischen Unruhen ausgesetzt. Eine Destabilisierung dieser Länder muss Washington auf jeden Fall verhindern.

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