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Die Münchener Ratingagentur oekom research untersuchte die Pharmabranche in Sachen Nachhaltigkeit
Für die ökologisch-ethischen Anleger gehören die Arbeitsmethoden der Pharmabranche in der Regel zu den Ausschlusskriterien schlechthin: Klonen, Gentechnik, Tierversuche und chemische Körperverschmutzung sind nun mal keine gute Ergänzung für das Öko-Portfolio. „Die Pharmabranche bewegt sich im ethischen Grenzbereich“, heißt es denn auch bei der Münchener Ratingagentur oekom research. Auf der einen Seite bestehe ihre zentrale Aufgabe darin, Krankheiten vorzubeugen und zu heilen. Auf der anderen Seite führten Methoden wie Embryonenforschung immer wieder zu öffentlichen Kontroversen: „Viele ethisch motivierte Kapitalanleger lehnen eine Investition in Pharmaunternehmen schlichtweg ab“, so die Analysten.
Im Rahmen eines Corporate Responsibility Ratings wollten die Münchener nun 22 der weltweit größten Unternehmen der Branche nach 200 ökologischen und sozialen Kriterien bewerten. Nur 17 scheuten den Vergleich nicht, darunter so bekannte Namen wie Aventis (Frankreich), Novo Group (Dänemark), Hoffmann-La Roche und Novartis (Schweiz), Bayer, Merck und Schering (alle Deutschland) sowie Johnson & Johnson (USA). Fünf Unternehmen waren jedoch nicht bereit, die geforderten Auskünfte zu erteilen: Fresenius (Deutschland), Amgen (USA), Schering-Plough (USA), Schwarz Pharma (Deutschland) und Takedo Chemical Industries (Japan). Das muss nicht per se Schlimmes ahnen lassen, sieht aber nicht gut aus.
Am besten schnitt das dänische Unternehmen Novo Group ab. Es erreichte auf einer Skala von A + bis D – ein B, gefolgt von Bristol-Myers Squibb (USA) und der Bayer AG. Den letzten Platz mit einem C – belegte Pharmacia (USA). Insgesamt bemühe sich die Spitzengruppe der Pharmaindustrie, „eine Brücke zwischen ökonomischer Gewinnerwartung, sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Verträglichkeit zu schlagen“, fasst man bei oekom das Ergebnis zusammen. Allerdings konzentrierten sich noch „viele Unternehmen mehr auf die Erforschung von Potenz- und Schlankheitspillen als auf Krankheiten wie Tuberkulose, Aids oder Malaria“. Auch setze man in der Produktion meist noch auf chemische Synthesen, während die Produktion auf Fermentationsbasis mittels nachwachsender Rohstoffe „deutlich geringere und weniger schädliche Abfälle zur Folge“ habe; ein Verfahren übrigens, das die Novo Group bereits einsetze.
Hinsichtlich sozialer Aspekte falle auf, dass „die Mitarbeiter der Pharmabranche auch in Dritte-Welt-Ländern von Sozialstandards“ profitierten. Die starke Reglementierung der Branche, so wird als Grund genannt, habe „zu hohen Anforderungen an die Produktqualität“ geführt. Dafür sei man auf qualifiziertes Personal angewiesen, Kinderarbeit oder soziale Ausbeutung sei dagegen „kein Thema“.
Letztlich haben die Analysten der Pharmabranche in dieser Untersuchung im Durchschnitt die Note C + gegeben. Doch klaffe die Schere zwischen den führenden Unternehmen und den Schlusslichtern weit auseinander. „Die Spitzengruppe hat die globale Verantwortung der Branche erkannt, nun ist es an den Nachzüglern, mit ihr gleichzuziehen“, heißt es in einer Einschätzung von oekom research.
Grundlage der Untersuchung waren zunächst Daten der Firmen aus Geschäftsberichten und Medien, allerdings auch Recherchen bei „externen Quellen, zum Beispiel über NGOs“, so der zuständige Analyst Andreas Stefferl. Für den Privatanleger, der womöglich aus dem Ranking ein Top-Portfolio zusammenstellen möchte, ist die Untersuchung kaum geeignet. Inhalt und vor allem der Preis von 350 Euro allein für das Analyseergebnis eines Unternehmens sprechen vorrangig institutionelle Investoren an. „Der Paketpreis“, so Stefferl, „ist verhandelbar.“ ALO
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