piwik no script img

Symbole für Powell

Die israelische Armee zieht sich aus einigen palästinensischen Städten zurück, hält die Belagerung aber aufrecht und besetzt weitere Orte

JERUSALEM taz ■ Die israelische Armee hat sich gestern früh auf amerikanischen Druck hin zwar aus den Westjordanstädten Tulkarm und Kalkilja zurückgezogen und die Militäroperation in der Altstadt von Nablus für vollendet erklärt. Gleichzeitig bezog die Armee jedoch neue Positionen rund um die „vom Terror gereinigten“ Städte und verschärfte deren Belagerung. Während heftige Kämpfe im Flüchtlingslager von Dschenin weitergingen, rückten im Morgengrauen von Kampfhubschraubern unterstützte Panzer im Städtchen Dura bei Hebron ein, um „dort untergeschlüpfte Terroristen“ dingfest zu machen. In der Nähe von Nablus wurde ein französischer Kameramann durch Schüsse schwer verletzt.

Aus palästinensischen Quellen verlautete, die Armee sei auch in drei Dörfer um Dschenin eingefallen und durchsuche dort Häuser nach Terroristen. Daraus wird die Vermutung abgeleitet, dass durch den Rückzug aus autonomen Städten zwar nach außen hin dem Druck der USA nachgegeben wird, die „Operation Schutzwall“ jedoch in die weniger beachteten ländlichen Regionen verlagert wird.

Die Nachricht vom Rückzug aus Tulkarm und Kalkilja wurde vom Weißen Haus in Washington als „ein Anfang“ kommentiert. US-Außenminister Colin Powell erklärte jedoch, das sei nicht genug. Angesichts des Besuchs von Powell in Jerusalem am Freitag gab Ministerpräsident Ariel Scharon der Forderung von US-Vermittler Anthony Zinni statt, mehrere Berater Arafats zu dem in Isolation in Ramallah sitzenden Palästinenserführer vorzulassen. Zinni hofft, dass Arafat seine Vorschläge zu einem Waffenstillstand positiv beantwortet und vor Eintreffen Powells verkündet. Die Palästinenser weisen Waffenstillstandsgespräche jedoch zurück, solange Israels Armee in autonomen Regionen präsent ist. Der Erfolg der Powell-Mission hängt deshalb vor allem vom Vollzug des israelischen Rückzugs ab. Powell kündigte nach einem Gespräch mit Ägyptens Präsident Husni Mubarak in Kairo an, er beabsichtige, Arafat zu treffen. Bisher hatte er ein Treffen mit Arafat mit der Einschränkung verbunden, die Umstände in der Region müssten ein solches Gespräch erlauben.

Außenminister Schimon Peres warnte gestern vor dem schlechten Eindruck, den hunderte von Leichen in den Straßen des Flüchtlingslagers Dschenin und anderen Orten und von jeglicher Behandlung abgeschnittene Verwundete auslösen. Die Armee behauptet, palästinensischen Gesundheitsbehörden und dem Roten Kreuz angeboten zu haben, Leichen und Verwundete zu evakuieren, doch gäbe es keine Kooperation. Im Radio wurde der Verdacht verbreitet, die Palästinenser planten die Zurschaustellung von Leichenbergen, um den Eindruck zu erwecken, Israels Armee habe Zivilisten massakriert, obwohl die meisten Toten bewaffnete Terroristen gewesen seien, die im Kampf fielen. ANNE PONGER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen