aufruf zum dschihad: Islamistische Internationale
Ein weltweites Netzwerk von Islamisten will Israel und dem Westen den Krieg erklären: unter anderem die Muslimbrüder Ägyptens, die proiranische Hisbullah-Miliz, die palästinensische Hamas und selbst der ehemalige türkische Ministerpräsident Necmettin Erbakan haben sich dem internationalen Aufruf zur Ausrufung des „Dschihad“ angeschlossen. Drohen nun weltweite Terroranschläge? Werden jetzt tausende Freiwilliger in die palästinensischen Gebiete einmarschieren?
Kommentarvon YASSIN MUSHARBASH
Offenkundig ist zunächst, dass die vereinigten Islamisten die internationale Situation zu instrumentalisieren versuchen. Die Wut der Muslime zwischen Algier und Lahore, London und Daressalam über Israels Krieg in Palästina, die Gefechte an der libanesisch-israelischen Grenze, die unklare Zukunft des Irak und die Militärpräsenz der USA in islamischen Ländern sollen ausgenutzt werden. In der Vorstellungswelt dieser Islamisten betreibt der Westen einen Kreuzzug, und nur vereint könne sich die islamische Umma wehren.
Keine Illusionen sollte man sich darüber machen, was die Unterzeichner im Sinn haben. Hier ist mit Dschihad nicht nur die volkstümliche Bedeutung einer inneren Anstrengung im Sinne des Islam gemeint. Sondern tatsächlich auch der bewaffnete Kampf. Die Dschihadisten betreiben eine Destabilisierung der gemäßigten islamischen Regierungen durch Massenproteste. Wenn es schon nicht zum großen Endkrieg kommt, soll zumindest ein Land nach dem anderen in die Hände der Islamisten fallen. Fällt Kairo, fällt auch Amman. Angesichts der wütenden Proteste, die es in fast allen arabischen Hauptstädten schon gegeben hat, ist nicht auszuschließen, dass es in einigen Ländern zu schweren Unruhen kommen kann. In der Türkei und in Ägypten ist das unwahrscheinlich. Unsicherer aber ist die Lage etwa in Jordanien – 60 Prozent der Bevölkerung sind Palästinenser.
Beunruhigend ist weiter, dass der Aufruf von Islamisten aus über 20 Ländern unterzeichnet wurde. So koordiniert war die islamistische Internationale noch nie. Boykottaufrufe gegen Israel und die USA, Aufrufe zum bewaffneten Kampf und Appelle an die Sicherheitskräfte, Staatsstreiche zu unterstützen – all das hat es schon gegeben. Aber noch nie alles auf einmal und in einer vergleichbar brisanten Weltsituation. Wie attraktiv der Dschihad-Aufruf für die muslimische Welt tatsächlich ist, wird sich vielleicht schon am Freitag zeigen – bei möglichen Demonstrationen nach den Freitagsgebeten.
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