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Straßenschlachten in Wien

Proteste von Neonazis gegen die neu eröffnete Wehrmachtsausstellung beantworten linke Demonstranten auf ihre Weise – mit Eiern und Knallkörpern. Bilanz: 51 Verletzte

WIEN taz ■ Die Wehrmachtsausstellung sorgt auch in Österreich für Aufregung. Bei Straßenkämpfen zwischen linken Demonstranten und der Polizei wurden am Samstag in Wien 51 Personen verletzt und drei vorübergehend festgenommen. Die Wut der Demonstranten, die mit Ziegelsteinen, Knallkörpern, Eiern und Bierdosen warfen, richtete sich gegen eine rechtsextreme Kundgebung auf dem Heldenplatz. Mit dieser Aktion, zu der die rechtsextreme österreichische Kameradschaft Germania und die Plattform gegen die Schändung des Andenkens Verstorbener aufgerufen hatten, demonstrierten ca. 120 Mitglieder rechtsgerichteter Gruppen gegen die am vergangenen Dienstag in Wien eröffnete Wehrmachtsausstellung.

Die Demonstration hatten Vertreter der rechtsradikalen Szene bereits Anfang des Monats angekündigt. „Das Andenken einer der ehrenhaftesten Armeen des Zweiten Weltkrieges und einer ganzen Generation von tapferen Männern und Frauen“ werde durch die Ausstellung geschändet, wetterte jemand mit dem Decknamen „ss148818“ auf einer Homepage im Internet. Im primitiven Geheimcode der Neonazis stehen die Ziffern für die entsprechenden Buchstaben im Alphabet. „88“ heißt „Heil Hitler“, „18“ steht für die Initialen des verblichenen Idols, das offenbar auch die jungen Generationen noch faszinieren kann. Für weitere Informationen, so der Mann, möge man sich an die Homepage der Kameradschaft Germania wenden.

Rechtsradikale Umtriebe spielen sich in Österreich vorwiegend im Internet ab. Seit die Polizei Anfang der 90er im Zuge der Ermittlungen gegen Briefbombenattentäter bei den Neonazis aufräumte, ist es in der Öffentlichkeit still geworden um die Skins. Heribert Schiedel, im Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands für die Beobachtung der Szene zuständig, beurteilt die Möglichkeiten der Faschos, Gleichgesinnte zu mobilisieren, skeptisch. Die Volkstreue Außerparlamentarische Opposition (Vapo) wurde aufgelöst, ihr Gründer und Anführer Gottfried Küssel musste wegen Wiederbetätigung mehrere Jahre hinter Gitter. Auch seit seiner vorzeitigen Entlassung im Sommer 1999 meidet er öffentliche Auftritte. Die verstoßen gegen die Bewährungsauflagen. Unter den Führungskadern, so Schiedel, wurde die Devise ausgegeben, keine neue Formation zu gründen, sondern in der FPÖ und deren Vorfeldorganisationen wie nationalistische Burschenschaften unterzutauchen.

Die FPÖ protestierte zwar auch gegen die Wehrmachtsausstellung, unterstützt die Demo der Rechtsradikalen aber nicht offen. Nicht einmal die Burschenschaften reagierten auf den Aufruf. Auch sie haben wohl Berührungsängste. Anders als für die ursprüngliche Ausstellung, die 1995 in der wenig bekannten Alpenmilchzentrale untergebracht war, stellt Wien diesmal mit dem Semper-Depot einen prominenten Ausstellungsraum zur Verfügung. Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny nahm an der Eröffnung teil, namhafte Politiker übernahmen den Ehrenschutz. RALF LEONHARD

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