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Mit Müttern in den Wahlkampf

Der neue Trend bei den Grünen: Drei junge Mütter haben bereits aussichtsreiche Listenplätze für die Bundestagswahl. Das freut auch die alten Väter Kuhn und Fischer

FREIBURG taz ■ Nach Männern, die stricken, und Frauen, die auf Männer pfeifen, befördert die grüne Partei eine neue gesellschaftliche Avantgarde in die Politik: Mütter, die stolz sind. Die 33-jährige Kerstin Andreae hat in Freiburg mit ihrem Bekenntnis zur Mutterrolle aus dem Stand den sicheren Listenplatz 5 errungen und dabei die etablierte Außenpolitikerin Rita Griesshaber verdrängt. Die Mutter eines zweijährigen Sohnes stammt aus Freiburg und wird in einer neuen grünen Bundestagsfraktion voraussichtlich auf Ekin Deligöz aus Bayern treffen, die in dieser Legislatur schwanger wurde, und die Parlamentarische Geschäftsführerin Katrin Göring-Eckardt aus Thüringen, die zwei Kinder unter 14 Jahren hat.

Während Andreaes übrige politischen Aussagen allgemein blieben, punktete die Freiburger Gemeinderätin bei ihrer Vorstellung mit einer Episode aus dem Alltag: Der örtliche Stadtbaurat hatte sich geweigert, an einer mehrspurigen Straße eine Fußgängerampel einzurichten. Daraufhin nötigte Andreae ihn, ihren Kinderwagen durch die Unterführung zu bugsieren. „Er hat ihn die Treppe kaum runter geschafft, geschweige denn wieder rauf.“ Fraktionschef Rezzo Schlauch fand nach Andreaes Wahl: „Sie hat Potenzial.“

Die alten Herren Fritz Kuhn und Joschka Fischer blicken wohlgefällig auf die vereinte Mami-Power in den grünen Reihen. Die Väter Kuhn und Fischer wollen Familienpolitik zu einem Markenzeichen der Partei machen. Kleine Kinder haben zwar auch die CDU-Bundestagsabgeordnete Katharina Reiche und die Sozialdemokratin Nina Hauer, die wegen ihrer Entbindung fast bei Kanzler Schröders Vertrauensfrage gefehlt hätte. Doch den drei grünen Vorzeigemüttern ist gemeinsam, dass sie mit ihrer Mutterrolle Politik machen. Deligöz profilierte sich als kinderpolitischen Sprecherin, Göring-Eckardt als Familienpolitikerin. Auch Andreae präsentierte die Doppelbelastung als Doppelschlager – Mutter zu sein, verschafft natürliche Kompetenz, der Job als Politikerin beschert den Einfluss, aus den eigenen Erfahrungen Gesetze zu machen.

Die Mutterrolle, entkoppelt von ökoromantischer Betroffenheit, führt zu einer knallharten Sozialpolitik. Deligöz und Göring-Eckardt streiten gemeinsam für eine Kindergrundsicherung, die Volkswirtin Andreae warnt die Vätergesellschaft vor „sozialer Blindheit“. Der Akzent auf sozialer Gerechtigkeit hat auch eher linke Skeptikerinnen wie Fraktionschefin Kerstin Müller und die Parteivorsitzende Claudia Roth mit der Familienpolitik versöhnt. Beide sind kinderlos und warnten anfangs davor, Mütter zu den besseren Frauen zu stilisieren – und dadurch das feministische Erbe zu vernachlässigen. Bei Kerstin Andreae besteht die Gefahr kaum. Der Vater ihres Sohnes ist angehender Jurist – und hat sich schon auf die Kinderbetreuung eingestellt. PATRIK SCHWARZ

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