Klimaschutz geht auch ohne die USA

Die Umweltminister der großen Industriestaaten streiten sich über das Klimaprotokoll von Kioto: USA bestätigen Ablehnung, in Kanada protestieren Provinzen. Trotzdem ist die Ratifizierung so gut wie sicher. Fraglich ist der Zeitpunkt

BERLIN taz ■ Der globale Klimaschutz bewegt sich im Schneckentempo. Bei der Konferenz der G-8-Umweltminister (die großen westlichen Industriestaaten plus Russland) am Wochenende in Kanada versuchte man, die USA zu bearbeiten – ohne Erfolg. Die Regierung von US-Präsident George Bush weigert sich weiterhin, das Kioto-Protokoll zur Reduzierung der Treibhausgase zu verabschieden. Auch mit Kanada gibt es Probleme: Acht Bundesstaaten, darunter die ölreiche Provinz Alberta, lehnen Kioto ab, während sich die Nationalregierung dafür ausgesprochen hat.

Fraglich bleibt deshalb, ob das Kioto-Protokoll – ein Ergebnis der UN-Konferenz in Japan 1997 – rechzeitig in Kraft treten kann. Eigentlich war geplant, dass die notwendige Zahl der Unterzeichner-Staaten bis zum Weltumweltgipfel in Johannesburg Ende August beisammen ist. Mindestens 55 Länder, die 55 Prozent des Kohlendioxid-Ausstoßes von 1990 verursachen, müssen beitreten. Die G-8-Konferenz in der kanadischen Provinz British Columbia am Wochenende diente auch dem Zweck, Johannesburg vorzubereiten.

Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) sagte, es falle ihm schwer, die amerikanischen Argumente gegen das Kioto-Protokoll zu verstehen. Schließlich sei es Deutschland auch gelungen, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren, ohne damit der Wirtschaft zu schaden. Die Umweltkommissarin der Europäischen Union, Margot Wallström, bezeichnete es als großes Problem, dass die USA das Kioto-Abkommen ablehnten.

Von den USA abgesehen, haben die anderen G-8-Umweltminister bestätigt, dass ihre Länder die Vereinbarung von Kioto demnächst ratifizieren wollen. Die kanadische Regierung gab freilich zu bedenken, dass der Prozess wegen der Gegenwehr der acht Provinzen bei ihr länger dauern könne. Die EU-Staaten haben dagegen erklärt, den Klimaschutzvertrag bis zum 1. Juni dieses Jahres zu beschließen. Russland hat den Ratifizierungsprozess gerade eingeleitet.

Das Kioto-Protokoll kommt damit der Schallmauer von 55 Prozent nahe: Russland steht für einen Anteil von 18 Prozent, die EU verursachte 1990 rund 20 Prozent der fraglichen Emissionen. Japan wird weitere 8,5 Prozent einbringen, Polen 3 Prozent. Davon, wie schnell weitere Länder das Protokoll verabschieden, hängt der Zeitpunkt seines In-Kraft-Tretens ab. Die USA (36 Prozent) und Kanada (3 Prozent) werden dafür nicht unbedingt gebraucht.

Im Hinblick auf Johannesburg betonten die Umweltminister, es müssten Wege zur Verminderung der weltweiten Armut gefunden werden, ohne im Zuge des dafür notwendigen Wirtschaftswachstums die Umwelt zu zerstören. Es wurde hervorgehoben, dass jedes Jahr weltweit zwei Millionen Kinder wegen verseuchten Wassers sterben. Rund drei Millionen Kinder fielen Krankheiten infolge schlechter Luft zum Opfer. Die Gesundheit der Kinder sollte deshalb zum Maßstab für den wirtschaftlichen und umweltpolitischen Fortschritt in den Entwicklungsländern erhoben werden.

HANNES KOCH