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Das Zwei-Klassen-Meer

Auf der „Liberté“, unterwegs von Marseille nach Tunis, sind die Europäer oben, die Nordafrikaner unten. Das Schiff verbindet die Kontinente, doch die Kulturen bleiben – trotz Binationalität der Passagiere – getrennt, die Hierarchien sind klar. Eine Reportage aus dem Bauch der Mittelmeerfähre

„Manchmal gibt es einfach Wichtigeres als die Träume eines Passagiers“

Text ANIA FAAS Fotos ANDRÉ LÜTZEN

Wann kommt es schon mal vor, dass Augenblicke ein Leben verändern? Allenfalls in der Liebe. Womöglich war sie es auch, die das Herz des jungen Alain Auzanneau ergriff, als er aus dem Seitenfenster des elterlichen Autos zum ersten Mal das Meer sah. Neun Jahre war er damals alt, und im Hafen von Marseille herrschte Hochbetrieb. Es gab fast so viele Anleger wie Buchstaben im Alphabet – und in dem Stadtkind aus Paris formte sich ein Traum: mit so einem großen, weißen, glänzenden Schiff fahren und dem Ruf der Ferne folgen wie ein Matrose, ein Pirat, ein Korsar …

Die Sehnsucht half ihm, den Familienurlaub in den Bergen und sieben bedeutungslose Schuljahre auf dem Festland zu überstehen. Was jenseits der Ferne lag, davon hatte Alain keine Ahnung. Heute ist das Mittelmeer sein Arbeitsplatz. Seit fünfzehn Jahren steht er als Kapitän im Dienst der französischen Fährgesellschaft SNCM, der Société Nationale Maritime Corse Méditerranée. Hier hat das Primat der Technik jegliche Seefahrerromantik wegdigitalisiert. Die voll verglaste Brücke der „Liberté“ riecht nach neuem Teppichboden und verströmt den Charme eines Squash-Centers. Läge nicht auf diesem Kartentisch ein Zirkel, man könnte meinen, die Schaltpulte und Monitorwände machten jeden menschlichen Eingriff überflüssig. Aber die Leidenschaft des Kommandanten ist ungebrochen. Immer noch leuchten Auzanneaus Augen, wenn er sein persönliches Bonmot zum Besten gibt: „Ganz einfach, so eine Fähre: zwei Motoren, zwei Radargeräte, ein Autopilot!“

Natürlich kann das keiner glauben, der die majestätische „Liberté“ je gesehen hat. Ein Wolkenkratzer im Meer, neun Decks hoch, hundertsechzig Meter lang und ohne Ladung so schwer wie zwölftausend Autos. 130 Besatzungsmitglieder, die Köche, Kellner und Reisebetreuer machen die Seefahrt zum Heimspiel. Kaum ein Risiko, keine verzeichneten Havarien oder Katastrophen.

Trotzdem ist die Fähre etwas Besonderes. Sie verbindet zwei Ufer des Mittelmeers miteinander, zwei Kontinente, zwei Perspektiven. Auf einer Seite der Ferne liegen Frankreichs ehemalige Kolonien Tunesien und Algerien. Auf der anderen liegt Frankreich, einst der Traum von Einwanderern, die sich mit einem Koffer und einer Hand voll Münzen auf den Weg in ein besseres Leben machten.

Vier Jahrzehnte später sind zwei Pässe die Regel, viele ehemalige Passagiere können sich inzwischen das Fliegen leisten, auf beiden Kontinenten hat sich viel verändert. Doch auf dem Schiff ist noch immer getrennt, was vor Zeiten nicht zusammengehörte. Die Kabinen, die 1.600 Menschen fassen, sind unterteilt in erste und zweite Klasse. 582 reisen oben, beinahe doppelt so viele unten in der „preiswerten“ Classe économique. Wenn die „Classe éco“ zur Sprache kommt, verfliegt Auzanneaus uniformierte Eloquenz. Im Flugzeug und im Zug liege der Fall nicht anders, will er einwenden. Doch selbst ein flüchtiger Rundgang genügt, um zu erkennen, dass die Zweiklassengesellschaft auf der „Liberté“ nicht nur eine Frage der Ökonomie ist.

Die Trennung der beiden Welten unterliegt strengster Bewachung. Uniformierte Posten sorgen dafür, dass die Gitter und Panzertüren zwischen unten und oben nicht überwunden werden. Verlegen lächelnd drückt sich ein Steward gegen die Flurwand, als die Passagiere der Classe éco in den Salon stürmen. Jeder möchte der Erste sein. Dabei trifft der Name „Salon“ die Stimmung in diesem Schlafsaal ebenso wenig wie das Wort „Baguette“ die muffigen belegten Brote, die noch vor der Abfahrt aus ihren Aluhüllen geschält werden. Eng aneinander gedrängt richten sich Familien in den abgewetzten Liegesitzen ein. Französisch wird hier kaum gesprochen oder mit starkem Akzent. Man wird, wenn alle da sind, nur unter Drängen und Stolpern herauskommen. Deshalb lohnt es sich, früh mit dem Bettenbau anzufangen. Kohlenmonoxid macht sich breit, die dumpfe Atmosphäre lässt hoffen, dass wenigstens die See ruhig bleibt.

In der Classe Cabine dagegen begrüßt den Passagier eine rote Rose auf dem weiß bezogenen Bett. Die Reisenden, die von Norden kommen, erwarten sehnsüchtig Sonnentage, um ihre Haut zu bräunen. Auf der Heimreise werden dunkelrote Gesichter, Arme und Beine zur Schau gestellt. Wer sich hinter der Tür seines Zimmerchens frisch gemacht hat, schreitet über die breiten Freitreppen in die Gesellschaftsräume.

Die kleine Polis an Deck muss mit den Gesetzen leben, die an Land gemacht werden. Das Kopftuch, das gestern noch Unterdrückung bedeutet hat, kann heute ein Zeichen für Freiheit sein; die Hautfarbe, früher eine klare Zuordnung, sagt heute nichts mehr aus über die Nationalität. Scheinbare Äußerlichkeiten sind es, in denen sich Reichtum und Armut, Alltag und Überdruss und vor allem Glaubensfragen manifestieren. Während unten verblichene Handtücher ausgebreitet werden, um die Knie beim Gebet zu schonen, dienen die Frotteelaken oben als Platzhalter auf dem Kunstrasen des Sonnendecks. Dafür ist oben Beten verpönt, man huldigt lieber Statussymbolen: den Autos, Markenschuhen, den richtigen Handtaschen.

Monsieur Auzanneau kennt die Geschichte der Fähre, die Geschichte der Emigration und des Tourismus. Er hat an Bord schon viel gesehen und rettet sich ins Philosophische: „Das Unvergleichliche soll man lieber nicht vergleichen.“ Auf der „Liberté“ hat die Freiheit eben zwei Gesichter. Eine Greisin der Classe éco versucht, aus sieben Koffern und zwei karierten Plastiktaschen ein Lager zu schichten und kommt aus dem Jammern nicht mehr heraus.

Trotzdem: auf ihrer allerersten Schiffsreise im historischen Jahr 1962 wäre selbst so ein improvisiertes Bett Luxus gewesen. Gerade war Algerien unabhängig geworden, und in Frankreich rechnete man mit der Einwanderung von 600.000 Algerienfranzosen. Tatsächlich kamen doppelt so viele Pieds Noirs per Flugzeug und zu Wasser. Drei Tage und Nächte mussten manche in den Wartehallen der nordafrikanischen Häfen um Tickets anstehen, Autos wurden getrennt verschifft. Von Algier kommend, stand die damals 35-Jährige einen Tag und eine Nacht an Deck – Sitzen war bei dem massenhaften Menschenandrang unmöglich. In der Hand ein verschnürtes Paket, den Blick in die Ferne gerichtet, auf das Land, in dem Milch und Honig fließen sollten. Oder zumindest das Geld, denn damals lagen Verträge für Gastarbeiter noch auf der Straße.

Ihr Sohn ist daran schuld, dass sie diese Tortur heute noch einmal auf sich nimmt. Er blieb nach der Heimkehr der Eltern in seinem Geburtsort Toulon. Jetzt muss Mama ihm die Familienbibliothek hinterhertragen, 500 Bände, dazu einen Kanister Wein. Der Ruf der französischen Küche gilt unter Algeriern gar nichts. Hat jemand drüben besseres Couscous gegessen als zu Hause? Über den Kanister stolpern im Lauf der Nacht alle, die sich am selben Gang niedergelassen haben.

Auch für Karim im benachbarten Sessel ist das Schiff die „Galeere“. Zum 52. Mal hat er heute die Schlüsselszene der Überfahrt erlebt: Schikane an der Grenze. Er holt den tunesischen Pass aus der Jacke, eine Aufenthaltsgenehmigung, im Frontispiz die französischen Hoheitszeichen. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Er reicht die Dokumente zwei uniformierten Zöllnern. Ein grauhaariger Revisor in Zivil liest über den Rand seiner Brille hinweg mit. Nach jeder Zeile heben die beiden Mächtigen den Blick und mustern Karim auf der Suche nach einem Problem. Dass sie ein Recht auf Genauigkeit haben, macht ein kunstvolles Stillleben neben dem Schalter deutlich. Dort hängt, zwischen zwei Feuerlöschern, ein gestrenges Brustbild des tunesischen Präsidenten Ben Ali, die Wand ist türkis wie das Meer in diesen Breiten. Die Zöllner ahnen, dass der Mann einen zweiten Pass hinter dem Revers versteckt, mit dem er sich auf der anderen Seite des Meeres ausweisen wird …

„Wir, die Bastarde, wir sind die Rache der Exkolonien an den Franzosen“

Mit gespielter Gleichgültigkeit wendet Karim seinen Blick in die Gegenrichtung: durch die haushohen Scheiben der Abfertigungshalle auf die „Liberté“. Für ihr Schiff hat sich die SNCM einen griffigen Slogan einfallen lassen. „So wird Reisen zum Vergnügen“. Ob er es diesmal schafft, über irgendeins der Eisengitter zu klettern und sich von der zweiten in die erste Klasse zu schleichen, wo das Essen umsonst ist? Wo Musik gespielt wird und die Passagiere sich nach dem Dinner noch mal ausgehfein machen?

„Sind Sie das?“, fragt ein Zöllner und klopft mit einem abgekauten Fingernagel auf das Passfoto. Er braucht gar nicht hinzuschauen: schmales Gesicht, Goldkette, ein Lächeln. Er ist es, Karim, 21 Jahre, Vater Tunesier, Mutter Französin, Im- und Export von Kühlmaschinen, Sitz in Lyon, auf Geschäftsreise zwischen Tunis und Marseille. Die Prozedur kennt er auswendig. Dass sie so lange dauert, liegt vor allem an drei Kennzeichen: Augen braun, Haut dunkel, Haare gelockt.

Karim hat zu diesem Thema seine eigenen Theorien. Mit strenger Miene rekapituliert er zurückliegende Wahlergebnisse, die in der Hafenstadt Marseille nicht das große Potenzial der extremen Rechten verschleiern konnten. Ein Viertel aller Stimmen hat sie noch Ende der Neunziger bekommen, und im Wahlkampf war ihr Trumpf das Thema Immigration. Aus dem Mund des Import/Export-Kaufmanns klingt es seltsam, aber stolz, wenn er sich selbst als metis, als Bastard, bezeichnet.

„Wir, die Bastarde, wir sind die Rache der Exkolonien an den Franzosen. Wir besetzen ihre Arbeitsplätze, leben von ihren Steuergeldern und verdrehen ihren Töchtern die Köpfe …“ Höhnisch kichert er, während ihm der Barmann eine Dose Cola auf einem Platzdeckchen serviert. „Umgekehrt wird doch ein Schuh daraus! Viel schlimmer ist nämlich deren schlechtes Gewissen … Das nenne ich Tiefenpsychologie: Sie rächen sich an uns für das, was sie uns angetan haben, und ihre schlimmste Rache ist der Tourismus. Dabei wollen wir nichts von dem, was die Touristen uns bringen. Keine halb nackten Frauen auf den Straßen, kein ‚sex sells‘. Wir wollen keine Drogen und keine Konsumgesellschaft.“

Mit seinem schmalen Aktenkoffer, seinem blütenweißen T- Shirt und den Markenturnschuhen sieht Karim nach so einer Rede nicht aus. Was ihn dennoch glaubwürdig macht, ist das Selbstbewusstsein einer ganzen Generation – der dritten, die der Grenzgänger. „Wir haben eben beides: die Werte unserer Heimat und das Wissen der so genannten Ersten Welt. Wir sind immer mitten auf dem Meer, während sich die anderen am Ufer herumdrücken!“

Draußen wird es dunkel, ein strahlender Sternenhimmel breitet sich über die schwarzen Wellen des Weißen Meers. Selbst wenn unter den Passagieren der ersten Klasse Liebespaare wären, für schwärmerische Deckspaziergänge hätten sie jetzt keine Zeit. An Bord herrscht Disziplin, darauf ist man angewiesen, dafür gibt es das Programm des Tages. Um elf einen Aperitif, um viertel vor zwölf einen Tanztee, eine halbe Stunde später bereits das Mittagessen. „Sie haben erste Klasse gebucht? Sechs unserer besten Männer begrüßen Sie im Konferenzraum“, steht auf rosafarbenen Zetteln, die in die Servietten gefaltet wurden.

Kapitänsappeal haben sie alle, die besten Männer, auch wenn das Register sie als Reiseleiter oder Küchenchef ausweist. Dezente Tressen strahlen gleichermaßen maritime Kompetenz wie die Erotik der Verantwortung aus. Jede anwesende Françoise und Nadine hofft, mit mindestens einem von ihnen am Tisch plaziert zu werden, später. Erst mal erschauert das Rudel vergnügt unter dem strengen Tonfall des Kommandanten Auzanneau. In knappen Sätzen hat er verkündet, was die Besatzung von den zahlenden Gästen erwartet: „Sie haben jetzt zwei Stunden Zeit, sich mit der ‚Liberté‘ vertraut zu machen!“ Die Wangen röten sich, die Überfahrt fängt an Spaß zu machen. Bis zum Abendessen haben alle die Brücke gesehen, den Maschinenraum, die Küche und die Diashow „Römische Ruinen in Karthago“.

Um die steifen Mitteleuropäer in Kreuzfahrtstimmung zu bringen, muss allerdings schweres Geschütz aufgefahren werden. Aufgekratzt dirigiert Animateur Hugues sein Orchester ins Karaoke; auf der Liste stehen mehr als dreißig Schlager. Das Schiff schwankt, die Stimmen wollen vor Aufregung versagen, aber jeder schafft am Ende einen viel beklatschten Auftritt vor der gesamten Kabinenklasse. Noch vollkommen geschwächt von der Arbeit an „Je ne regrette rien“, sinken die Letzten, heiser lachend, in die Sessel des Speisesaals.

Die Hautfarbe der Kellner spielt folkloristisch ins Gemischte. Mit verwegenen Zöpfen und Ziergeflecht am Anzug bringt wenigstens das Servicepersonal einen Hauch von Exotik aufs Oberdeck. Korsaren, Piraten, Eroberer legen die Pastete aus Muscheln vor, dann den Hauptgang und ein Dessert. Zu Recht wird der Koch auf der Menükarte namentlich erwähnt. Besser speist man kaum auf einem der beiden Kontinente, zwischen denen dieses Meer steht. Wer denkt bei schmelzendem Doradenfilet schon an Sternenhimmel? Man ist sich näher gekommen, und auf dem Programm steht Bauchtanz, später, ab halb zehn. Also bleiben die bezaubernde Nacht und der schräg liegende Viertelmond weitgehend unentdeckt.

Nur ein Pärchen aus Franken hat sich ins Freie geflüchtet. Seit sie einen Hund haben, wird bei Jens und Tina nicht mehr über den Urlaub diskutiert: Die Motorräder bleiben in Bamberg, für den alljährlichen Trip in die Sahara wird der schlammfarbene Jeep flottgemacht. Spaten und Kanister auf das Dach, den ungarischen Hirtenhund auf die Rückbank. Nur Tunesien fehlte ihnen noch, um das Naturwunder aus jeder Perspektive gesehen zu haben, das bezeugen bunte Aufkleber aus Algerien, Mauretanien und Marokko. Jeder sollte einmal in die Wüste gehen, dort wirst du ein anderer Mensch. Warum? Man kann es nicht beschreiben, sagen sie. Der Hund haart aus weißen Locken und seufzt.

Auf dem Schiff ist noch immer getrennt, was vor Zeiten nicht zusammengehörte

Wenn man ein Auto hat, führt der Weg in die Wüste zwangsläufig über das Meer. Wasser ist geduldig, ihm sind die Definitionen von Grenze und Passage gleich viel wert. Das Schiff „Liberté“ hat an seiner Aufgabe schon schwerer zu tragen. Jede Fahrt steht unter zwei ganz unterschiedlichen Vorzeichen. Für den einen ist sie eine teure Kreuzfahrt, für den anderen die billigste Methode, sich selbst und seine Habseligkeiten über das Meer zu bringen. Selbstverwirklichung und Zweckmäßigkeit müssen, aus gesellschaftlichen Erwägungen, getrennt bleiben, und sei es nur von einer Holzdecke.

Und trotzdem dürfen all diese Sensibilitäten für den Arbeitablauf der Besatzung keine Rolle spielen. Auzanneau meint diplomatisch: „Manchmal gibt es einfach Wichtigeres als die Träume eines Passagiers …“ Zum Beispiel müssen mit Algerien und Tunesien Abfahrtszeiten vereinbart und Tarife abgestimmt werden, ein Name wird gesucht für das neue Schiff, das die „Liberté“ unterstützen soll. Keine leichte Aufgabe, den Ansprüchen beider Seiten gerecht zu werden. Den schmalen Grat zwischen Werbewirksamkeit und politischer Sensibilität konnten bislang wenige Namensvorschläge halten. „Napoléon Bonaparte“ kam in Frage, „Habib“, was so viel heißt wie „Freund“, und das neutrale „Dame M“. Im Gremium hat Alain Auzanneau keine Stimme, aber sein Favorit für die anstehende Taufe ist „Sindbad“.

Sindbad der Seefahrer, das Hirngespinst der Scheherazade. Einer, der reiste, um Geld zu verdienen und dabei fremde Völker zu entdecken, der Romantiker in Hemdsärmeln. Ein Kreuzfahrer mit kleinem Gepäck und minimalen Ansprüchen. Manchmal wünscht sich der Kapitän der „Liberté“ einen Sindbad auf seine Brücke … Doch das gehört nicht ins Protokoll.

Die 25 Stunden sind vorüber, die Reise geht zu Ende, das Anlegemanöver löst den üblichen Unmut aus. Obwohl die armdicken Tampen längst ausgeworfen, ihre Enden um die Poller gezurrt sind, hören die Lotsen nicht auf, Befehle in ihre Funkgeräte zu bellen. Die Anweisung „Mehr nach steuerbord!“ wird mit einem genervten „Passt schon!“ quittiert. Scharrend sitzt die hoch bepackte Meute den Matrosen im Nacken, die die Gangway doch erst über die Reling schieben dürfen, wenn der Kommandant es sagt. Winzige Gestalten winken von unten. Ohrenbetäubender Lärm dringt aus dem Bauch des Schiffs, wo Autos und Motorräder vor der Rampe Schlange stehen.

Okay, d’accord, Landgang, heißt es nach endlosen Minuten. Die Schleusen öffnen sich, im Hangar an Mole B schieben sich Éco und Cabine einträchtig durch die Passkontrolle. Nach einer halben Stunde hat sich die Menge verlaufen. Mit weit geöffnetem Schlund liegt die „Liberté“ verlassen am Kai.

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