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Trauer im Ziel

■ Der Hamburg-Marathon wird durch den Tod eines Läufers überschattet – 500.000 Zuschauer an der Strecke

8.25 zeigte die Digitaluhr, als Bürgermeister Ole von Beust (CDU) den Startschuss für den 17. Hamburg- Marathon abfeuerte. Nacheinander machten sich rund 20.000 Rollstuhlfahrer, Skater und Läufer im kühlen Morgennebel auf den 42.195 Meter langen Weg durch ein rundes Dutzend Stadtteile der Elbmetropole. Zu diesem Zeitpunkt konnte niemand den tragischen Vorfall erahnen, der den Marathon später überschatten sollte. Nach dem Zieleinlauf kollabierte ein Mann und verstarb.

Auch Hamburgs Senator für Bildung und Sport, Rudolf Lange (FDP) nicht, der bei mehr als 500. 000 Zuschauern an der Laufstrecke von einer „grandiosen Werbung für die Sportbegeisterung in Hamburg“ sprach. Kurz vor der offiziellen Olympia-Bewerbung gebe das einen erneuten Schub für Spiele inmitten der Stadt.

Noch mehr als drei Stunden nach dem Sieger Christopher Kandie aus Kenia schleppten sich Läufer über die Ziellinie. Am Ende des Feldes rollte wie im Vorjahr der „Lumpensammler“: ein 1965 gebauter roter Doppeldeckerbus, in dem die Aussteiger unter den Freizeitathleten eingesammelt werden und anschließend ohne Anstrengung bis ins Ziel rollen. Mit mehr oder weniger fröhlichem Winken reagierten die unfreiwilligen Fahrgäste auf den Applaus, mit dem sie das Publikum verabschiedete. Einen prominenten Aussteiger durfte der Lumpensammler aber nicht transportieren.

Lauf-Profi Dieter Baumann hat die Vorbereitung auf den Marathon unterschätzt und musste sein Debüt in Hamburg mit Krämpfen abbrechen. Bei Kilometer 35 stieg der Tübinger am Sonntag entkräftet und „völlig platt“ aus dem Rennen aus, sah aber von dem spaßigen Ritt auf dem Lumpensammler ab. „Es tut mir einfach alles weh“, sagte Baumann, „mein Respekt vor dem Marathon ist noch größer geworden“. Immerhin hatte der berühmteste Starter etwa 40 000 Euro Antrittsprämie kassiert. Zwei eigens verpflichtete Läuferkollegen zogen Baumann als „Hasen“ auf den ersten Kilometern.

„Es lief alles perfekt“, sagte Baumann. Insgeheim liebäugelte der „Schwaben-Express“ mit einer Zeit um die 2:10 Stunden, doch nach 30 Kilometern verließen ihn die Kräfte: „Ich verlor auf einmal immer mehr an Tempo. Und je mehr ich anziehen wollte, umso langsamer wurde ich“, erzählte Baumann. Zwar hätte er das Ziel irgendwie erreichen können, doch dafür waren seine Ziele zu hoch gesteckt. „Es war ein Versuch, den ich abbrechen musste. Ich werde aus meinen Fehlern lernen und den nächsten Anlauf starten“, glaubt Baumann.

Ergebnisse vom Marathon:

Frauen: 1. Sonja Oberem (Leverkusen) 2:26:21 Stunden; 2. Luminita Zaituc (Braunschweig) 2:30:04; 3. Fatima Silva (Portugal) 2:32:01; ... 10. Sylvia Pille-Steppat (Hamburg) 2:57:52

Männer: 1. Christopher Kandie (Kenia) 2:10:17 Stunden; 2. Hailu Neguse (Äthiopien) 2:10:24; 3. Maiki Saina 2:10:42;... 18. Martin Beckmann (Leinfelden) 2:17:24; 25. Steffen Benecke (Hamburg)

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