: UNO schickt Vertreter nach Dschenin
Israel stimmt einem Untersuchungskommitee zu den Vorgängen im palästinensischen Flüchtlingslager zu. Rechtliche Schritte gegen die Armee wird es nicht geben. Die Palästinenser wollen eine eigene Untersuchung der „israelischen Kriegsverbrechen“
aus Jerusalem SUSANNE KNAUL
Israel hat einer Untersuchung der Vorgänge im Flüchtlingslager Dschenin während der jüngsten Militäraktion zugestimmt. Wie Regierungschef Ariel Scharon seinen Ministern erklärte, habe er sich für das „kleinere Übel“ entscheiden müssen. Eine britische Initiative, die alternativ zur Debatte stand, sei „schlechter gewesen“.
Der UN-Sicherheitsrat hatte am Wochende den Vorschlag von Generalsekretär Kofi Annan aufgegriffen, „genaue Informationen in Bezug auf die Vorgänge im Flüchtlingslager von Dschenin“ zusammenzustellen. „Die Briten wollen uns vor Gericht stellen“, begründete Scharons Sprecher Raanan Gissin auf telefonische Anfrage die israelische Ablehnung des britischen Vorschlags einer internationalen Untersuchungskomission. Das geplante „Fact-Finding-Team“ der UNO habe hingegen keinerlei Kompetenzen, rechtliche Schritte gegen die Armee einzuleiten.
Einen „schlechten und gefährlichen Präzedenzfall“ nannte Minister Dan Naveh die Entscheidung, „zum ersten Mal israelische Soldaten Objekt einer internationalen Untersuchungskomission“ werden zu lassen. Die Regierung stimmte der Vernehmung von Soldaten und Offizieren zu und will zudem die im Verlauf der Operation mitgeschnittenen Tonaufnahmen zur Verfügung stellen. Gissin fordert den Einsatz strikt „professioneller Leute, die sich in der Materie auskennen“, ähnlich wie es im Irak der Fall gewesen sei. Es ginge nicht an, dass die Komission aus Leuten zusammengestellt werde, die ihr Urteil bereits gefällt hätten. „Wir stehen hier nicht vor Gericht. Israel ist nicht schuldig.“
Der US-Beauftragte William Burns, der am Wochende Dschenin besuchte, sprach indes von einer „furchtbaren menschlichen Tragödie“. Unterdessen stellte auch Palästinenserführer Jassir Arafat eine Untersuchungskomission zu den „israelischen Kriegsverbrechen“ zusammen, die, so berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa, die „Verbrechen in Dschenin, Nablus und Bethlehem“ recherchieren soll.
Im Verlauf der Kabinettssitzung legte Oberstaatsanwalt Eliakim Rubinstein den Ministern nahe, Terje Larsen, UN-Sonderbeauftragter im Nahen Osten, zur „Persona non grata“ zu erklären. Auch Vizeverteidigungsministerin Dalia Jizik meinte, Larsen hätte sich „als Vermittler untauglich erwiesen“. Israel wirft Larsen vor, die Armee der Kriegsverbrechen und Massaker zu beschuldigen. In der UN-Vertretung vor Ort wurden diese Anschuldigungen zurückgewiesen.
Gestern Mittag zogen sich die Soldaten aus Nablus zurück, wo ultraorthodoxe Extremisten in der Nacht das Josefsgrab besetzten. Am Kontrollpunkt Kalandia, zwischen Jerusalem und Ramallah, sind nach heftigen Gefechten 13 Palästinener, darunter ein führender Fatah-Aktivist, verhaftet worden. Die Armee ist jetzt, abgesehen von den Regionen um Arafats Sitz in Ramallah sowie vor der Geburtskirche in Bethlehem, nur noch außerhalb der palästinensischen Städte postiert. Die palästinensische Führung lehnt Verhandlungen ab, solange der Abzug nicht komplett ist.
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