: Schily will Schläfer wecken
Rot-grüne Koalition will die Antiterrorgesetze in Deutschland verschärfen. Der neue Paragraf 129 b soll die Unterstützung und Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorgruppe bestrafen
FREIBURG/BERLIN taz/ap ■ Nach dem Anschlag auf die Synagoge von Djerba haben sich SPD und Grüne im Eiltempo auf eine neue Antiterror-Strafbestimmung geeinigt. Ein neuer Paragraf 129 b soll das Vorgehen gegen ausländische Terrorgruppen in Deutschland ermöglichen. Die Regelung ist allerdings keine Überraschung, sondern schon seit mehr als zwei Jahren in der Diskussion. Das Attentat hat die bevorstehende Einigung allenfalls um ein bis zwei Wochen beschleunigt.
Die Regelung zielt zum Beispiel auf Mitglieder des islamistischen Terrornetzwerkes al-Qaida, die in Deutschland nur leben, aber keine konkreten Anschläge planen. Die bloße Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorgruppe war bisher in Deutschland nicht strafbar. Die Bundesrepublik war daher als Ruheraum für Mitglieder und Unterstützer, die später wieder in ihrer Heimat oder andernorts wieder aktiv werden sollten, durchaus geeignet. Deutsches Strafrecht setzte erst ein, wenn die Terrorgruppe über eine aktive deutsche Teilorganisation verfügte. Hierzu konnte durchaus auch ein Zirkel so genannter Schläfer zählen, die sich im Stillen auf Anschläge in Deutschland vorbereiten.
Nach monatelangen Verhandlungen haben sich SPD und Grüne nun über die konkrete Ausgestaltung des neuen Paragrafen 129 b geeinigt. Da der Übergang zwischen legitimen Befreiungsbewegungen und terroristischen Gewalttätern nur schwer zu definieren ist, soll im Einzelfall das Justizministerium entscheiden, ob eine Strafverfolgung angebracht ist. Organisationen, die sich gegen unmenschliche Regime wenden, sollen auch weiterhin in Deutschland präsent sein können. Ein kleiner Erfolg wurde den Grünen gewährt. Die bloße Sympathiewerbung für eine terroristische Vereinigung soll künftig nicht mehr als Terrorismus bestraft werden können. Erforderlich ist zumindest eine Werbung „um Unterstützung und Mitgliedschaft“.
Die Union hält die Antiterrormaßnahmen der Regierung weiter für unzureichend. Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach forderte ein drittes Sicherheitspaket, das grundsätzlich die Erfassung der Relegionszugehörigkeit von Ausländern regele.
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