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Airbus will immer mehr

Startbahn Finkenwerder noch länger. Obstdorf Neuenfelde droht die Zerstörung  ■ Von Sven-Michael Veit

Dem Obstbauerndorf Neuenfelde im Alten Land droht das Schicksal Altenwerders: Die Umsiedlung der meisten BewohnerInnen und die Planierung des historischen Ortskerns sind die Opfer, welche der Standort Hamburg demnächst fordern wird. Denn Airbus Deutschland hat ges-tern den „Wunsch“ nach einer nochmaligen Verlängerung der Start- und Landebahn im Werk Finkenwerder beim Hamburger Senat angemeldet.

Sie würde mitten in den Ort im Süden des Werkes hineinreichen, eine Sicherheitszone von 500 Metern an beiden Seiten und vor der Piste müsste geräumt werden: Neuenfelde müsste weichen, so wie das Fischerdorf Altenwerder für die Hafenerweiterung planiert wurde. Eine weitere fast zynische Parallele: In beiden Fällen darf die Kirche im Dorf bleiben, das dann nicht mehr existiert.

Die Verlängerung sei „notwendig“, erklärt Airbus-Chef Hans-Joachim Gante, für die Frachtversion des Riesen-Airbus A380, ohne konkrete Daten zu nennen. Er begründet dies mit einem „höheren Abfluggewicht und technischen Änderungen“, die unvorhersehbar gewesen seien. Im Laufe des Jahres werde ein offizieller Antrag „fachlich qualifizert begründet“ nachgereicht werden. Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) erklärte, diese Begründung wohlwollend und sorgfältig zu prüfen.

Das Flugzeugwerk Finkenwerder wird derzeit nach dem Planfeststellungsbeschluss vom Mai 2000 durch Zuschüttung des Elbebiotops Mühlenberger Loch um 160 Hektar erweitert. Zugleich wird die Start- und Landebahn um 363 auf 2684 Meter verlängert. Eine nochmalige Verlängerung der Piste auf bis zu 3500 Meter hatte der rot-grüne Senat bereits im September 1999 „im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten“ zugesagt. Zugleich wurde offiziell bestritten, dass es dafür bereits Planungen gäbe. Nach Informationen der taz will Airbus nun 600 weitere Meter, also insgesamt 3264 Meter plus Sicherheitszone.

Als „Verdummung der Bevölkerung“ betrachtet der BUND die neuen Airbus-Pläne. Die jahrelange Verschleierung der wahren Dimensionen des Gesamtprojekts sei ein „Lügengebäude“ von Senat und Airbus, so BUND-Sprecher Paul Schmidt. Die derzeitige Erweiterung sei „ein untauglicher Planungstorso“, kommentiert Rüdiger Nebelsieck. Airbus werde „die Widersprüche“ vor Gericht darlegen müssen. Der Anwalt vertritt mehrere KlägerInnen gegen die Werkserweiterung, ein Beschluss des zuständigen Verwaltungsgerichts wird in Kürze erwartet. Die Kammer müsse nun „einen Baustopp“ für die jetzige Werkserweiterung anordnen, fordert deshalb Schmidt, um die Schaffung vollendeter Tatsachen zu vermeiden.

Diese befürchtet auch die neuoppositionelle GAL, welche zu rot-grünen Regierungszeiten das Mühlenberger Loch zähneknirschend opferte. Fraktionschefin Krista Sager hegt „Zweifel, ob die neuen Pläne zu begründen sind“. Das gelte auch für den Gesetzentwurf von Schwarz-Schill, die Werkserweiterung für gemeinnützig zu erklären und damit die Rechte der Betroffenen zu beschneiden. „Das lehnen wir entschieden ab.“

„Verraten und verkauft“ fühlt sich die Sprecherin der Initiative gegen die Werkserweiterung Gabi Quast. Die schlimmsten Befürchtungen seien wahr geworden. Andererseits, so Quast, „wird das den Widerstand beleben“.

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