piwik no script img

Mit dem BMW bis vor den Tresen

■ Bosnier wegen versuchten Einbruchs in das Juweliergeschäft Wempe verurteilt

Zwei Jahre und neun Monate muss Aleksander B. ins Gefängnis. Der 30-jährige bosnische Familienvater war einer von vier Tätern, die am zweiten Januar mit einem BMW in das Juweliergeschäft Wempe in der Sögestraße gefahren waren, um besonders wertvollen Schmuck zu stehlen. Die drei anderen waren der Polizei durch die Lappen gegangen.

Im Gerichtsdeutsch wird aus den nächtlichen Ereignissen ein „versuchter schwerer Einbruchdiebstahl in Tateinheit mit einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr“. „Versucht“ war der Einbruch, weil die vier nichts gestohlen hatten. Die zunächst vom Juwelier vermissten Uhren tauchten beim Aufräumen in dem zerstörten Laden drei Tage später wieder auf. Dass die Täter rund um den Tatort Krähenfüße auf die Straßen gestreut und damit mindestens einem Polizeiwagen einen Plattfuß beschert hatten, nannte das Gericht einen „gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr“, der die Strafe für Aleksander B. erhöhte.

Mit den zwei Jahren und neun Monaten Knast folgten Amtsrichter Heinrich Schnitger und die beiden SchöffInnen dem Antrag von Staatsanwältin Claudia Helberg. In Ihrer Begründung allerdings nur in Teilen: So hatte Helberg einen vollendeten Diebstahl angeklagt, nicht nur einen Versuch. Außerdem sah sie in zwei im Geschäft gefundenen Vorschlaghämmern „gefährlichn Werkzeuge“. Auch darin folgte ihr das Gericht nicht.

Dass die Strafe dennoch so hoch ausgefallen ist, wie von der Staatsanwältin gefordert, begründete Richter Schnitger so: Der Einbruch habe „offensichtlich ohne Rücksicht auf – auch eigene – Verluste“ stattgefunden. Schließlich sei der extra mit Betonplatten beschwerte BMW „nur knapp an einer tragenden Säule vorbei“ in den Laden „gebraust“. Insgesamt sei die Tat „ausgesprochen professionell vorbereitet“ und von „hoher Gefahr“ gewesen. Dadurch, dass die Täter mit dem Auto in das Geschäft hineingefahren seien, hätten sie einen „ausgesprochen hohen Schaden“ – über 220.000 Euro – angerichtet.

Erst vor zehn Tagen waren zwei junge Männer aus Polen wegen eines anderen Überfalls auf das Juweliergeschäft Brinckmann & Lange zu drei Jahren Jugendstrafe verurteilt worden. Die hatten allerdings am hellichten Tag Schmuck im Wert von 250.000 Mark erbeutet und die Angestellten mit Waffen bedroht.

Zu Gunsten des Angeklagten wertete das Gericht, dass Aleksander B. bisher in Deutschland nicht vorbestraft war. Schnitger und die SchöffInnen sahen in dem 30-Jährigen weder einen Haupttäter noch den Organisator des Überfalls. Er war höchstens zehn Tage vor der Tat nach Deutschland eingereist. Ob er gezielt für den Einbruch kam oder wirklich in das Verbrechen „hineingeschlittert“ ist, wie er selbst beteuerte, konnte nicht geklärt werden.

In einer auf Serbisch geschriebenen persönlichen Erklärung bereute Aleksander B. die Tat, bat um Entschuldigung und beteuerte, dass so etwas nie wieder vorkommen werde. Vorerst letzter Kommentar von Verteidiger Lars Wunderlich: „Wir lassen das Urteil auf keinen Fall rechtskräftig werden. Schließlich liegt hier nur ein versuchter Einbruch vor.“

Ulrike Bendrat

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen