UNO-Team kommt nach Dschenin

Die israelische Regierung setzt Änderungen in der Zusammensetzung von Annans Untersuchungskommission durch. Die militärische Komponente wird gestärkt. Gespräche über eine Lösung für Eingeschlossenen in der Geburtskirche in Bethlehem

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Noch diese Woche soll das Untersuchungsteam der Vereinten Nationen in den Nahen Osten reisen, um die Arbeit im Flüchtlingslager von Dschenin aufzunehmen. Nach heftiger Kritik des israelischen Verteidigungsministers Benjamin Ben-Elieser, der UN-Generalsekretär Kofi Annan beschuldigte, das Team ohne Absprache mit Israel zusammengestellt zu haben, benannte Annan den amerikanischen Exgeneral Bill Nash zum vollen Mitglied der Delegation. Nash war zunächst nur als Beobachter mit Beratungsfunktion vorgesehen. Ben-Elieser bestand auf diese Änderung, da das „Team tiefes Sicherheitsverständnis“ aufbringen müsse.

Vor dem parlamentarischen Ausschuss für Sicherheit erklärte Ministerpräsident Ariel Scharon, dass Israel „keine Alternative“ geblieben sei, als der Kommission zuzustimmen. Er fügte hinzu, dass der Terror im Gaza-Streifen andauere, was der Abgeordnete Ran Cohen (Meretz) als Ankündigung einer bevorstehenden Militäroperation im Gaza-Streifen interpretierte. Oppositionsführer Jossi Sarid vermutete, dass die von der Regierung demonstrierte Skepsis hinsichtlich der Absichten der UN-Kommission dazu diene, „psychologischen Druck auf die Mitglieder auszuüben“. In Jerusalem verbreite sich zunehmend der Mythos, „dass die ganze Welt gegen uns ist“. Sarid glaubt, dass die Konstellation des Untersuchungsgremiums „professionell“ sei und Israel kooperieren sollte, um die Wahrheit herauszufinden. „Es war sicher nicht der gerechteste Krieg, aber sicher auch nicht der brutalste, sondern noch ein überflüssiger Krieg.“

Im israelischen Verteidigungsministerium, das die Zusammenarbeit mit der Untersuchungskommission koordiniert, hieß es am Dienstag, dass die Konstellation des Gremiums noch nicht endgültig sei. Jarden Vatikai, Sprecher des Ministeriums, betonte, dass vor allem „militärisches Wissen“ gefragt sei, um die „Komplexität der Sicherheitsfragen“ zu verstehen. „Wir wollen den Palästinensern die Lügenmaske vom Gesicht reißen“, meinte er. Mit dem von Kofi Annan vorgeschlagenen Zeitplan hätte Israel hingegen kein Problem.

Regierungssprecher Arie Mekel zeigte sich befriedigt über die Ernennung von General Nash zum vollen Mitglied des Untersuchungsgremiums. „Von unserer Seite besteht kein Problem mit der Kommission“, sagte er. Die Vorgänge im Flüchtlingslager von Dschenin seien auf Videokassetten mitgeschnitten worden. „Wer sich das Material ansieht, wird die Wahrheit erkennen.“ Gleichzeitig rechnet Mekel mit einem „palästinensischen Propagandafeldzug“.

Das UN-Untersuchungsteam wird von dem früheren finnischen Präsidenten Martti Ahtisaari geleitet. Weitere Mitglieder sind die ehemalige UN-Hochkommissarin für Flüchtlinge Sadako Ogata (Japan) der frühere Präsident des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes Cornelio Sommaruga und der ehemalige Leiter der UN-Polizei in Bosnien Peter Fitzgerald (Irland).

Außenminister Schimon Peres forderte, dass die Kommission ihre Untersuchungen nicht auf die Ereignisse in Dschenin beschränken, sondern auf andere palästinensische Städte ausdehnen solle, was Annan ablehnte. Nach erneuten Schussgefechten vor der Bethlehemer Geburtskirche kamen gestern (Dienstag) israelische und palästinensische Vertreter zusammen, um eine Lösung für die seit über drei Wochen in der Kirche eingeschlossenen 200 Menschen zu verhandeln. Über Ergebnisse des Treffens wurde zunächst nichts bekannt. Drei am Morgen aus der Kirche entkommene Geistliche berichteten gegenüber israelischen Militärs von „schrecklichen Szenen“, die sich in der Kirche abspielten. Bewaffnete Widerstandskämpfer hätten einige Mönche geschlagen und Wertgegenstände aus der Kirche gestohlen. In Hebron wurden gestern drei der Zusammenarbeit mit Israel verdächtige Palästinenser gelyncht, nachdem am Vortag ein Führer der Fatah-nahen Al-Aksa-Brigaden von Israelis exekutiert worden war.