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Putsch ist den USA peinlich

Die misslungene Absetzung des venezolanischen Präsidenten Chávez vor zwei Wochen geschah mit Unterstützung der USA. Das sagen jedenfalls alle – außer der US-Regierung. Venezuela untersucht

von BERND PICKERT

Knapp zwei Wochen nach dem gescheiterten Putschversuch gegen Venezuelas Präsidenten Hugo Chávez mehren sich die Anzeichen, dass die US-Regierung dabei ihre Finger im Spiel hatte. US-Offiziere sollen in den Tagen des Putsches Kontakte zu führenden Vertretern der Opposition unterhalten haben, und gestern berichtete die New York Times, dass die „National Endowment for Democracy“ (NED) die Opposition in Venezuela mit Hunderttausenden von Dollar finanzierte. Die NED ist eigentlich ein Instrument des US-Kongresses zur Förderung demokratischer Prozesse im Ausland, tatsächlich aber spätestens seit dem schmutzigen Krieg der USA gegen die sandinistische Regierung Nicaraguas in den 80er-Jahren als Geldverteiler für Contra-Aktivitäten bekannt.

Die US-Regierung war innen- wie außenpolitisch unter Druck geraten, nachdem sie anders als die EU und die lateinamerikanischen Staaten den erzwungenen Abgang Hugo Chávez’ am 12. April nicht verurteilt, sondern recht offen begrüßt hatte. Nachdem Chávez zwei Tage später von den Militärs zurückgeholt wurde, berichteten die US-Medien über schon seit Monaten währende Kontakte, die US-Militärs und der Lateinamerika-Beauftragte der Bush-Regierung, Otto J. Reich, mit der Opposition gehalten hatten. Seit Chávez im Herbst vergangenen Jahres eine Landreform und die Erhöhung der Steuerabgaben auf Ölexporte beschloss, hat er nicht nur die alte Oligarchie des Landes als unversöhnlichen Gegner – auch die USA haben seither ihre offene Ablehnung der Chávez-Regierung verschärft.

Am 11./12. April entfernte Venezuelas Militär Hugo Chávez aus dem Präsidentenamt und setzte stattdessen Arbeitgeberchef Pedro Carmona ein. Noch am gleichen Tag telefonierte Reich mit ihm. Allerdings geschah das, so das State Department offiziell, um Carmona zu warnen, Venezuelas Parlament nicht aufzulösen. Genau das aber tat Carmona gleich als erste Amtshandlung. Das spricht gegen die offizielle Version.

Otto J. Reich ist nicht als zimperlich bekannt. Weil er in den 80er-Jahren tief in den Iran-Contra-Skandal der Reagan-Regierung verstrickt war, lehnte der US-Kongress seine Nominierung durch George W. Bush vergangenes Jahr ab. Reich ist per Präsidialdekret lediglich für ein Jahr im Amt.

Venezuelas Regierung hat nun eine Untersuchungskommission eingerichtet, um die Vorgänge des 11. und 12. April zu klären. Am Dienstag dieser Woche zog das Pentagon nach und ordnete seinerseits eine Untersuchung an – blieb aber offiziell bei seiner Version, es gebe keinerlei Hinweise darauf, dass die USA bei dem Putschversuch irgendeine Rolle spielten. Dumm nur, dass die Putschisten selbst das anders verstanden hatten: Der venezolanische Konteradmiral Carlos Molina, einer der Anführer des Putsches, sagte vor der Presse, er sei sich sicher gewesen, mit Unterstützung der USA gehandelt zu haben.

Das Pentagon musste bereits letzte Woche zugeben, dass sich der stellvertretende Staatssekretär im US-Verteidigungsministerium, Rogelio Pardo-Maurer, bereits im Dezember mit General Lucas Romero Rincón getroffen hatte. Rincón war es, der in der Nacht zum 12. April die Falschmeldung verbreitete, Präsident Chávez sei zurückgetreten. In Wirklichkeit war er abgeführt und nach Fort Tiuna gebracht worden, der größten Militärbasis Venezuelas, wo der US-Militärattaché ein Büro unterhält. Dort seien aber keine US-Offiziere gewesen, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums letzte Woche. Zwei US-Offiziere seien vorbeigefahren, hätten aber ihren Wagen nicht verlassen.

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