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Thunder wartet auf Saisonbeginn

Mit dem 16:20 gegen Rhein Fire verpasst das Football-Team von Berlin Thunder wieder einmal, seine Niederlagenserie zu stoppen. Coach Peter Vaas will sich auf keinen Fall eine Diskussion um seinen Spielmacher Todd Husak aufdrängen lassen

von THOMAS WINKLER

Als Peter Vaas das Unvermeidliche gefragt wurde, antwortete der Chefcoach von Berlin Thunder das Unvermeidliche. Er sagte, was er seit Wochen sagt, wenn seine Mannschaft verliert. „Ich bin müde, es zu sagen“, sagte Vaas, „und ich weiß, alle sind müde, es zu hören, aber: Wir haben ein gutes Football-Team.“

Das mag jede Woche mehr und nach dem 16:20 gegen Rhein Fire, der dritten Niederlage im dritten Spiel, erst recht nach Durchhalteparole klingen. Zudem scheint die Tabelle ganz entschieden anderes nahe legen zu wollen: Dort hält der amtierende Meister der NFL Europe die rote Laterne fest in der Hand. Andererseits: So ganz Unrecht hat Vaas natürlich nicht. Denn andere Fakten als der bloße Blick auf die Tabelle sprechen für seine These: Alle drei Spiele hätten die Berliner mit ein wenig Glück auch gewinnen können, durchschnittlich fehlten nicht einmal vier Punkte zum Sieg. Oder wie Vaas formuliert: „Bevor man ein Spiel gewinnen kann, darf man es erst einmal nicht verlieren.“

In allen drei Partien waren die Berliner über weite Strecken das bessere Team, so auch am Samstag in Jahn-Sportpark gegen die Düsseldorfer. Schon beim ersten Ballbesitz gelang Thunder eine lange, beeindruckend sicher vorgetragene Angriffsserie zum Touchdown. Dass es der letzte siebenfache Punktgewinn für den Titelverteidiger an diesem windigen, bitterkalten Abend bleiben sollte, war da noch keineswegs abzusehen, schien aber auch nicht wirklich etwas auszumachen, da die Düsseldorfer Angriffsbemühungen ähnlich zahnlos verliefen wie die der Berliner.

So führte Thunder vor 9.327 Zuschauern die ganze Partie hindurch – bis fünf Sekunden vor Schluss. Da erst gelang Rhein Fire der entscheidende Touchdown zum Sieg. Das Unheil hatte aber schon vorher seinen Lauf genommen. Nach drei souveränen Fieldgoals setzte Thunder-Kicker Danny Boyd zwei weitere Versuche neben das Gestänge. Vor allem aber verlor die Berliner Offensive den Ball immer zu schnell. Deswegen musste die Verteidigung übermäßig oft und lange aufs Feld und brach im letzten Viertel schließlich entkräftet ein.

Nach der ernüchternden Vorstellung seines Angriffs stellt sich für Vaas nun die Frage, ob er weiter an Quarterback Todd Husak festhalten soll. Denn der rechtfertigte gegen Rhein Fire das geradezu trotzige Vertrauen seines Trainers in keinster Weise. Er überwarf frei stehende Passempfänger aus kürzester Distanz, nahm verunsichert überflüssige Auszeiten und hatte noch Glück, dass nur einer seiner Pässe in den Armen des Gegners landete. Dass der Coach die Leistung von Husak dennoch als „okay“ einstufte, war beschönigend und wohl eher als psychotherapeutische Aufbauarbeit gedacht. Dass er seinen zweiten, mindestens ebenso talentierten Spielmacher Tim Hasselbeck in der zweiten Halbzeit nicht die Schaltstelle in der stotternden Offensive übernehmen ließ, lag wohl eher im Prinzipiellen begründet. „Ich bin ein Ein-Quarterback-Trainer“, betonte Vaas auch nach dieser Niederlage wieder. Eine Philosophie, die er begründet wie ein Fußballtrainer, der seinem Stammtorhüter mit uneingeschränktem Vertrauen Sicherheit geben will. Gern gesehen wird so etwas in der NFL Europe aber nicht, weil die US-Klubs, die die Liga finanzieren, ihre Spieler deshalb über den großen Teich delegieren, damit sie hier Spielpraxis sammeln. Dass Hasselbeck bislang vornehmlich damit beschäftigt wird, mit Husak Fangen zu spielen, um die Nummer eins warm zu halten, wird bei den Philadelphia Eagles, die Hasselbeck nach Berlin geschickt haben, sicherlich nicht allzu wohlwollend aufgenommen.

Vaas aber will sich keine Diskussion um den Quarterback-Posten aufdrängen lassen. „Es gibt nie einen einzigen Grund für eine Niederlage.“ Sein Team bräuchte nur mal ein Erfolgserlebnis: „Natürlich ist es für uns noch möglich, die nächsten acht Spiele zu gewinnen“. Das achte Spiel wäre der World Bowl, das Endspiel der NFL Europe. „Aber bevor man über die Nummer acht nachdenkt“, sagte Vaas und verstärkte noch einmal souverän das Bedenkenträgerhafte in seinem Gesichtsausdruck, „muss man erst mal Nummer eins gewinnen.“ So gesehen beginnt für Thunder die Saison erst kommenden Freitag beim Tabellenzweiten in Amsterdam.

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