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ANGELIKA BEERS ABGANG: FRIEDENSPOLITIK IST KEIN GRÜNES THEMA MEHRWeggetreten

Es ist ein stillschweigender Abschied: 19 Jahre, nachdem nicht zuletzt die Friedens-, Sicherheits- und Außenpolitik den Einzug der Grünen in den Bundestag ermöglichte, zieht sich die Partei klaglos aus diesen Politikfeldern zurück. Am Samstag erfolgte in Rendsburg der vorerst letzte Akt: Angelika Beer, die langjährige verteidigungs- und abrüstungspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion scheitert um zwei Stimmen an der für ihre Kandidatur nötigen Zweidrittelmehrheit. Sie war die letzte, sicherheitspolitisch erfahrene Politikerin, die noch Aussicht auf einen sicheren Listenplatz hatte. Nunmehr steht fest: Das Personal für die Außen-, Sicherheits- und Abrüstungspolitik, mit dem die Grünen in den Bundestagswahlkampf ziehen werden, ist dünn. So dünn wie der Entwurf des grünen Programms für diese Politikfelder.

Der personelle, außen- und sicherheitspolitische Aderlass hatte sich bereits länger angedeutet – und zwar flügelübergreifend. Christian Sterzing, der Europapolitiker, und Helmut Lippelt, der langjährige Außenpolitiker der Grünen, kandidierten nicht wieder. Oswald Metzger, der versierte und anerkannte Haushälter, fiel bei der Kandidatur für die sicheren Listenplätze im württembergischen Gerangel männlicher Prominenter durch. Winni Nachtwei, zusammen mit Beer für die Abrüstungs- und Verteidigungspolitik zuständig, wurde zwar wieder aufgestellt – aber sein Listenplatz reicht nur bei einem wirklich guten Wahlergebnis für den Wiedereinzug in den Bundestag. Die Bundeswehrkritiker, Manfred Herrmann und Christian Ströbele, sind bereits bei ihren Kandidaturen um sichere Listenplätze gescheitert. Sollten die Grünen also in den kommenden Bundestag einziehen, so ist die personalpolitische Decke in der Außen- und Sicherheitspolitik äußerst dünn – zu dünn zum Opponieren und erst recht zum Regieren.

Die derzeitigen Regierungsmitglieder Joschka Fischer, Ludger Volmer und Uschi Eid – eher Generalisten, denn Spezialisten – haben zwar sichere Listenplätze. Das gilt auch für die derzeitige Parteivorsitzende Claudia Roth und für Christa Nickels, die sich in der Menschenrechtspolitik engagiert – das aber war es auch bereits. Mithin: Die fachkundigen Spezialisten sind künftig Mangelware. Aber gerade diese sind gefragt, wenn in der Regierung – und noch mehr in Oppositionszeiten – die parlamentarische Kontrolle des Regierungshandelns wahrgenommen werden soll. Dies gilt insbesondere für die kleinen Parteien. Die großen Volksparteien, insbesondere die jeweils regierende, entsenden traditionell oft weniger parlamentarische Kontrolleure denn allzuhäufig Lobbyisten in die entsprechenden Fachausschüsse.

Das Dilemma der Grünen: Entweder sie agieren wie die FDP, die ganze Politikfelder wie die Sicherheitspolitik relativ profillos abdeckt und sich auf einige innenpolitisch relevante, kontroversenträchtige Themen konzentriert. Dies käme dem weitgehenden Abschied aus der Außen- und Sicherheitspolitik gleich. Oder sie suchen schnellstens nach einer Alternative, um ihre außen- und sicherheitspolitische Kompetenz zu erhalten. Das allerdings ist nur noch zu schaffen, wenn Parteivorstand und Fraktion es als vorrangige Gemeinschaftsaufgabe verstehen. OTFRIED NASSAUER

Freier Journalist und Leiter des Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (Bits)

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