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„Nein, Kult bin ich nicht“

■ James „Hansi“ Last war da, bei uns, in seiner Heimatstadt, in Bremen. Vor seinem Konzert nahm er sich für die taz Zeit: Für 50 Fragen. In 15 Minuten. So machen's die Profis. Nicht umsonst ist Madonna sein größtes Vorbild

Er hat 75 Millionen Platten verkauft, ist nach Elvis in Großbritannien die Nummer 2 in der ewigen Chart-Bestenliste – und James Last kommt aus Sebaldsbrück. Am vergangenen Donnerstag wurde sein Name ins Goldene Buch der Stadt eingetragen, und am Abend spielte die 70er-Ikone vor fast 6.000 Zuschauern in der Stadthalle. Und da steht er: 73 Jahre und ziemlich kregel. 50 Fragen in 15 Minuten – wir haben ja nicht ewig Zeit.

taz: 1. Dass Sie überhaupt noch leben!

James Last:Was soll man sagen?

2. Fühlen Sie sich alt?

Nein. Ich fühle mich gut. Ich fühle mich für die Arbeit noch fit.

3. Ist Ihre Musik modern?

Ich denke schon.

4. Was sollen wir heute hören? Wir Jungen?

Puff Daddy hören Sie wahrscheinlich auch nicht mehr.

5. Was ist ein guter Sound?

Ein guter Sound ist etwas, was auf die Leute eingeht. Ein guter Sound geht ins Ohr.

6. Was ist der Last-Sound?

Gibt es nicht. Für mich ist das einfach nur Musik.

7. Ist Ihr Sound nicht viel zu seicht?

Ach Quatsch. Jede Zeit hat ihre Musik. Und unsere Musik haben die Leute auf jeden Fall gemocht.

8. Ist Hip-Hop doof?

Nein, überhaupt nicht.

9. Sind Computer besser als Orchester?

Computer bedeuten einfache Arbeit, aber unser Rhythmus ist auch Arbeit, viel mehr Arbeit. Ich bin für den ehrlichen Sound: Handarbeit. Aber ich habe auch schon mit „Fettes Brot“ eine Platte produziert.

10. Was ist Ihre Lieblings-LP? Was steht zur Zeit ganz oben?

Von mir steht zur Zeit gar nichts oben.

11. Wer ist Ihr Lieblingssänger oder Lieblingssängerin?

Da gibt es viele. Ich mag auch Madonna.

12. Größtes Vorbild?

Madonna. Die ist wenigstens richtig professionell.

13. Wen können Sie überhaupt nicht leiden?

Mich selbst. Wenn ich in den Spiegel gucke.

14. Wo hängen die 206 Goldenen und 17 Platinen Schallplatten?

Die meisten davon sind im Keller.

15. Wer ist Britney Spears?

Die macht auch nur ihren Job.

16. Und wer ist Kruder und Dorfmeister?

Kenne ich nicht.

17. Wer wäre Ihr legitimer, liebster Nachfolger?

James Last ist einmalig. Da gibt es keine Nachfolger.

18. Sind Sie der Großvater des Easy-Listening?

Bestimmt nicht. Easy-Listening war schon immer da. Das hat man mir angedichtet.

19. Sind Sie Kult?

Nein, Kult bin ich nicht.

20. Was ist der Sound der Zukunft?

Wenn ich das wüsste, wäre ich längst Milliardär.

21. Sind Sie berühmter als Henning Scherf?

Nächste Frage.

22. Berühmter als die Bremer Stadtmusikanten?

Die sind bekannter als ich.

23. Sie haben sich heute ins Goldene Buch eingetragen. Braucht Bremen ein James-Last-Denkmal?

Nein, das wäre übertrieben.

24. Jugend in Sebaldsbrück: Was war das schönste Erlebnis? Woran erinnern Sie sich?

An bestimmte Teile vom Schloßpark.

25. Auf der Musikschule in Bückeburg haben Sie eine klassische Ausbildung gehabt. Warum sind Sie ins leichte Fach gewechselt?

Nach dem Kriegsende kamen die Amerikaner ins Haus. Da habe ich ihre Schlager kennen gelernt. Die normale Schlagermusik war mächtig im Kommen. Frank Sinatra zum Beispiel fand ich großartig. Heute ist der ein echter Klassiker.

26. Was ist ein Delmenhorster?

Das waren die amerikanisierten Songs, die wir damals erfunden haben, um den GIs was vorzuspielen. Eigentlich hatten wir ja keine Ahnung von Jazz und Swing.

27. Warum hat Ihnen das Orchester Hans Last bei Radio Bremen nicht gereicht?

Man hat mir einfach die Chance gegeben, nach Hamburg zu gehen. Da kam der Musikchef vom damaligen Nordwestdeutschen Rundfunk, der hatte ein Klassikerstück für Jazzband und Sinfonieorcherster geschrieben. Und wir haben es dann gespielt.

28. Aber Bremen war Ihnen schon zu klein?

Nein, überhaupt nicht. Ich hatte eine Festanstellung, mein Vater war Beamter. Der hat gesagt, das musst du machen, bei dem Gehalt, dein Leben lang. Und als zehn Jahre rum waren, da hatte ich die Nase voll, und da habe ich das weggekickt.

29. Vermissen Sie die Stadt manchmal?

Um ehrlich zu sein, das ist hier ein bisschen klein. Das, was neu gebaut wird, ist sehr eng, es wird immer enger.

30. Gibt es hier irgendeinen Lieblingsort?

Der kleine Bürgerpark.

31. Was können Sie überhaupt nicht an Bremen leiden?

Kann ich nicht sagen.

32. Warum ausgerechnet Florida?

Das hat sich so ergeben. Das ist eine lange Geschichte.

33. In welchem Land waren Sie noch nie?

China. Da gehen wir jetzt hin.

34. Zu viel getourt?

Puh, das weiß ich nicht.

35. Gab es viel Groupies?

Die hat es wohl gegeben, ja.

36. Wieso James und nicht Hans Last?

Da müssen Sie die Plattenfirma fragen. Die hat den Namen geändert.

37. Warum war Ihre erste Platte „Non Stop Dancing“ so ein Erfolg?

Wir hatten da keine Lücken, sondern Klatschen zwischen den Liedern. Die Musik hörte nicht auf. Das schlug ein wie eine Bombe.

38. Vor welcher Tour hatten Sie den meisten Bammel?

Damals Russland und jetzt China.

39. Haben Sie immer noch Schlaghosen?

Ich habe für Mode eigentlich nichts übrig und ziehe an, was mir gefällt. Gern was bequemes wie Jogginghosen.

40. Warum waren Sie Ende der 70er und in den 80ern auf einmal weg vom Fenster?

Es gab in Deutschland keine Agentur mehr, die das Risiko mit uns auf sich nehmen wollte.

41. Seit wann sind Sie in Deutschland wieder präsent?

Seit zehn Jahren.

42. Fanden Sie das schmerzhaft, dass die Deutschen Sie so schlecht behandelten?

Das war echt ein dummes Gefühl.

43. Der schönste Augenblick Ihrer Karriere?

Da gibt es so viele schöne. In der Oper in Sydney zum Beispiel, in der wir als erstes Orchester gespielt haben.

44. Was war der schmerzhafteste?

Nächste Frage.

45. Warum hört keiner deutsche Musik?

Die hören doch immer noch einige.

46. Ich will Bandleader werden, was muss ich tun?

Studieren. Lernen. Und immer dran bleiben.

47. Und wenn ich berühmt werden will, was muss ich dann tun?

Das dauert, das braucht Zeit. Auf jeden Fall: ganz früh anfangen.

48. Sind Musiker heute nur noch so gut wie ihre PR-Leute?

Die Musiker sind meistens besser als die PR-Leute.

49. Wie lange wollen Sie noch auf Tourneen gehen?

20 Jahre.

50. Und dann?

Dann ziehe ich mich zurück.

Interview: Kai Schöneberg

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