: Im Schatten der Brücke
■ Seehausen fürchtet eine hohe Autobahnbrücke überm Dorf / „Sie müssen sich keine Sorge machen“, meint der Gutachter / Das klingt nach der teuren Tunnel-Variante
Hat sich ein kleines Dorf gegen die große Politik durchgesetzt? 1.000 Seehausener befürchteten seit Monaten, dass eine hohe Brücke ihr Dorf zerschneiden wird, über die die A 281 die Weser queren soll. Jetzt hat der Verkehrswissenschaftler Gerd-Axel Ahrens beruhigende Worte parat: „Die Seehausener sollten sich keine großen Sorgen machen“, prophezeite er.
Ahrens ist Leiter der Gutachtergruppe an der Technischen Universität Dresden, der die Gesellschaft für Projekte im Verkehrswegebau (GPV) im vergangenen Spätsommer einen Auftrag beschert hat. Ahrens sollte die Möglichkeiten der Weserquerung in Seehausen prüfen und die Pros und Contras von Brücke und Tunnel auflisten. Und einen Ausweg für das Dorf finden.
Denn bislang war in Seehausen immer klar, dass die Autobahn das andere Weserufer eines Tages unterirdisch erreichen sollte: „Seit über zwanzig Jahren war nur vom Tunnel die Rede“, bestätigt Anwohner Hilmer Hagens.
Vor ein paar Monaten dann stand der Tunnel auf einmal in Frage. Eine Brücke könnte billiger sein, hieß es von SPD und Grünen. Würde aber das Dorf zerschneiden, fürchten die Seehausener, die im Januar die Bürgerinitiative „BI gegen die Brücke“ gründeten. Und jetzt also das Gutachten.
Über den Stand der Untersuchungen sagt Ahrens der taz: „Das Gutachten ist zwar noch nicht fertig, aber die wissenschaftlichen Ergebnisse liegen vor.“ Was das für die DorfbewohnerInnen bedeutet? „In einer Betrachtung spielt die Lebensqualität der Seehausener eine sehr schwergewichtige Rolle“, versicherte der Verkehrswissenschaftler. Unter die Lupe genommen wurden außerdem Verkehrssicherheit, Lärmschutz und auch Landschaftsschutz. Jetzt müsse die Politik diese Ergebnisse bewerten – und die Konsequenzen ziehen.
Im Dorf brodelt längst die Gerüchteküche um die Gutachterei: Das Papier sei möglicherweise schon da, würde aber unter Verschluss gehalten, heißt es immer wieder. Doch das dementiert das Bauressort. „Es gibt noch kein Gutachten und meines Wissens ist auch noch keine Vorentscheidung gefallen“, sagt Holger Bruns, Pressesprecher der Bausenatorin Christine Wischer (SPD).
Aber auch wenn der Gutachter sich in der Politik täuscht und die Dorfbewohner sich doch wieder Sorgen machen müssen, die Seehausener sind auf den Brücken-Protest gut vorbereitet. „Es ist eine Menge Geld zusammen gekommen. Damit können wir leicht zwei Verwaltungsgerichtsinstanzen bestreiten“, droht Hilmar Hagens. In einem Brief an Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) hat die AnwohnerInnen-Initiative geschrieben, dass sie „den Brückenbau mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern“ will.
Weil Autobahnbau nämlich Bundessache ist, hat auch Bodewig ein Wörtchen mitzureden. Wenn der Bundesminister am 3. Juni den erste Spatenstich für die A 281 tätigt, „werden wir schon auf uns aufmerksam machen“, sagt Hilmer Hagens. Auch Kirche und Baufirmen aus der Gegend unterstützen Seehausen: Sie haben bereits zugesichert Plaktaktionen zu sponsern.
Ulrike Bendrat
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen