: Das Eigenlob der Weltbank stinkt
Studie des Weltwirtschaftsinstituts Kiel: Die Weltbank erfüllt ihre eigenen Ziele nicht. Weder gibt sie ihre Mittel hauptsächlich für Armutsbekämpfung aus, noch sind korrupte Regierungen von der Hilfe ausgeschlossen. Debatte über Zukunft der Bank
von KATHARINA KOUFEN
So stellt sich die Weltbank selbst dar: Sie arbeitet immer effizienter, und ihre Hilfe kommt immer stärker den Armen zugute. Zuschüsse und Kredite fließen zunehmend in Länder mit „guten“ Regierungen. So genannte Schurkenstaaten bleiben außen vor. Ende März, auf der UN-Konferenz zur Finanzierung von Entwicklung in Monterrey, stellte die Bank einen Bericht vor, in dem sie ihre eigene Effizienz lobt: „In den letzten Jahren hat sich die Zielgenauigkeit, mit der die Hilfe ihre Adressaten erreicht,dramatisch verbessert.“
So sieht Peter Nunnenkamp den Erfolg der Weltbank: „Die Effizienz hat sich während der gesamten 90er-Jahre nicht verbessert“, schreibt der Ökonom vom Kieler Weltwirtschaftsinstitut in einer jüngst veröffentlichten Studie. Und: „Es stimmt nicht, dass Armutsbekämpfung und gute Regierungsführung im Mittelpunkt der Weltbankpolitik stehen.“ Rund ein Drittel der Kredite sei zwischen 1994 und 1999 vielmehr in Notstandspakete für Schwellenländer geflossen, denen die akute Finanzkrise drohte. Nunnenkamp: „Vor allem die Hilfe an Russland hat zu dem hohen Anteil der Kreditanteil für Schwellenländer geführt.“
Problematisch für eine Bank, die sich die der Entwicklungshilfe verpflichtet hat: Die entwicklungspolitische Wirkung dieser Finanzspritzen ist gleich Null: Sie erhöhen den Schuldenberg des Krisenlandes – und helfen vor allem den Gläubigern, denen mit Weltbankhilfe ihr Geld zurückgezahlt wird. Darüber hinaus „ist eindeutig der IWF, nicht die Weltbank für die kurzfristige Krisenhilfe in Schwellenländern zuständig“, so Nunnenkamp. Laut deutschem Entwicklungsministerium, das für die Weltbank zuständig ist, sind allerdings viele dieser Kredite nur zugesagt, aber nie ausgezahlt worden. Die Empfängerländer hätten die Anforderungen nicht erfüllt, etwa eine Neuordnung des Bankenwesens.
Die Kritik an der Weltbank platzt in eine Diskussion, ob die Bank nur noch Zuschüsse oder weiterhin Kredite zu niedrigen Zinsen und mit 40 Jahren Laufzeit vergeben soll. In Monterrey plädierte US-Finanzminister Paul O’Neill dafür, den ärmsten Ländern zur Hälfte Zuschüsse zu geben, um die Belastung der Schuldnerstaaten durch die Kredite zu mindern. Denn viele Weltbankkredite flössen in Projekte wie den Bau von Schulen, die sinnvoll sind – aber nie die für die Rückzahlung eines Kredites nötige Rendite abwerfen.
Europäische Minister und Entwicklungsverbände befürchten dagegen, die USA wollten auf diese Weise die Bank klein schrumpfen. Vor allem Großbritannien, die Niederlande und die skandinavischen Länder sind strikt gegen Zuschüsse, das deutsche Entwicklungsministerium vertritt eine Zwischenposition.
Die Europäer fürchten, ohne die Rückläufe aus zurückgezahlten Krediten stünde der Bank nicht genügend Geld zur Verfügung. Und, so Nunnenkamp: „Wenn ein Schuldner weiß, dass er geliehenes Geld zurückzahlen muss, wird er sich viel disziplinierter verhalten, als wenn er das nicht tun muss.“
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