Arbeitskampf – aber bitte korrekt!

Ratschlag für den Arbeitgeber

Scheuen Sie sich nicht, jahrezehntealte Arbeitgeberargumente gegen einen Streik noch einmal vorzubringen. Viele Menschen haben nämlich die komplexen Zusammenhänge der Wirtschaft immer noch nicht verstanden. Behaupten Sie also unaufhörlich, der Streik mache „gerade zu diesem Zeitpunkt“ den zarten Aufschwung kaputt und schade den Arbeitslosen, weil er Jobs vernichte. Das alles ist nicht nachprüfbar – Sie sind also auf der sicheren Seite.

2. Beschreiben Sie den anfragenden Journalisten unermüdlich die dramatische Lage in Ihrer Branche. Gehen Sie dabei aber differenziert vor. Das macht Sie glaubwürdiger. Wenn Sie also die hohen Umsatzeinbußen durch den Arbeitskampf beklagen wollen, nehmen Sie als Beispiel die boomendste Autofirma in Ihrer Region, ein Unternehmen, um dessen Produkte sich die Käufer reißen. Hier führt ein Streik zu Ausfällen und Gewinnminderungen.

Fragt ein Journalist jedoch nach den Auswirkungen der hohen Tarifforderungen, dann nennen Sie natürlich das Beispiel eines mittelständischen Werkzeugfabrikanten, der schon lange schwächelt. Betonen Sie jetzt, dass Lohnsteigerungen in der Höhe von mehr als vier Prozent dieser Firma garantiert den Garaus machen würden und damit schuld wären an der Arbeitslosigkeit von hunderten von Beschäftigten.

3. Halten Sie Ihre Mitgliedsfirmen durch Firmenbesuche bei Laune. Verweisen Sie dabei auf die derzeit schwache Nachfrage, manche Unternehmen können es durchaus aushalten, wenn mal ein bisschen weniger produziert wird. Da weiß man doch zu schätzen, wenn die Gewerkschaft für einen Streiktag die Personalkosten übernimmt. Außerdem zahlt der Metall-Arbeitgeberverband den bestreikten Firmen ja noch eine Ausfallsentschädigung. Raten Sie ihren Mitgliedsunternehmen aber trotzdem, sich in der Öffentlichkeit empört und betroffen zu geben.

4. Schicken Sie der IG Metall eine Liste der Unternehmen, die infolge des Metaller-Streiks von 1995 aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten sind und dann versuchten, mit den tariflichen Regelungen herumzutricksen. Weisen Sie darauf hin, dass Ihr Tarifpartner, die IG Metall, mit Ihnen in einem Boot sitzt: Schließlich ist doch keinem an einem Chaos in der Tariflandschaft gelegen.

5. Ganz wichtig ist Ihr medialer Auftritt: Äußern Sie sich nie offen aggressiv über die Gewerkschaft, auch wenn die IG Metall die Unternehmer als verbohrt und heuchlerisch beschimpft. Kindliche Wutrhetorik ist nicht Ihr Stil. Die haben sie auch überhaupt nicht nötig. Denken Sie immer daran: Wir leben im Kapitalismus, und da ist der Unternehmer sowieso der Chef. Da kann die IG Metall so viel jaulen wie sie will. Agieren Sie deshalb vor laufenden Kameras nie wütend oder beleidigt, sondern eher ein bisschen väterlich, aber entschlossen. Das kommt in Krisenzeiten immer gut an.

BARBARA DRIBBUSCH