Wirtschaft studiert Staatsrat

Am 31. Oktober will die deutsche Wirtschaft ihre Eliteuni im Staatsratsgebäude gründen. Doch der Standort ist umstritten. Heute diskutieren die Initiatoren mit Senat und Bund

Die deutsche Wirtschaft will ihre Führungskräfte künftig selbst heranziehen und gründet zu dafür eine Elitehochschule für Nachwuchs-Topmanager in Berlin. Schon am 31. Oktober möchten die Gründer der „European School of Managment and Technology“, kurz ESMT, Eröffnung feiern, wie Gerhard Cromme am Montag verkündete. Der Aufsichtsratschef der ThyssenKrupp AG und Sprecher der Gründungsinitiative ist sich sicher, dass die Feierlichkeiten im ehemaligen Staatsratsgebäude in Mitte abgehalten werden. Er rechnet fest damit, dass das Gebäude am Schlossplatz der Hauptstandort der ESMT wird. München ist zweiter Standort.

„Der Senat hat uns eine Zusage gegeben, dass wir das Gebäude mietfrei bekommen“, erklärte Cromme, „und ich vertraue auf Zusagen.“ Nur kann der Senat gar nicht endgültig über das Staatsratsgebäude entscheiden. Es gehört dem Bund. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte kürzlich zwar zugesagt, dass der Senat die Frage mit dem Bund regele. Doch auch die Bundeszentrale für politische Bildung hat Interesse an dem Standort bekundet. Und die Schlossplatz-Komission empfahl eine öffentliche Nutzung. Erst heute Nachmittag treffen sich nun Wowereit, Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) und Gerhard Cromme bei Gerhard Schröder im Kanzleramt, um die weitere Nutzung des Staatsratsgebäudes zu besprechen.

Dennoch hat Cromme „nicht den Hauch eines Zweifels“, dass sich ab Herbst die internationale Wirtschaftelite auf dem Schlossplatz tummelt. Ein derartiges Angebot brauche schließlich auch einen herausragenden Standort. Denn die ESMT soll renommierten internationalen Talenteschmieden wie der London Business School oder Harvard Konkurrenz machen. „Wir streben eine führende Position unter den Business Schools in Europa an“, stellte Cromme klar.

Die Berliner Privatschule komme laut Cromme ohne öffentliche Gelder aus. Sie finanziere sich über ein Stiftungskapital von über 100 Millionen Euro, welches die Wirtschaft zu zwei Dritteln schon erbracht habe. Dazu kommen 25 Millionen Euro von der Hertie-Stiftung, eigene Einnahmen sowie Studiengebühren. Rund 30.000 Euro muss ein ESMT-Student pro Jahr investrieren, um zur Bildungselite zu gehören. Darüber hinaus muss er einen Hochschulabschluss mitbringen, drei Jahre Berufserfahrung vorweisen und darf nicht älter als 30 Jahre sein. Hochbegabte können immerhin auf ein Stipendium hoffen.

Sind die Kriterien erfüllt und die Aufnahmeprüfung bestanden, stehen unter anderem klassische Fächer wie Finanzen, Rechnungswesen und Marketing auf dem Lehrplan. Schwerpunkt des Angebots ist ein einjähriges Master-of-Business-Administration(MBA)-Vollzeitstudium sowie berufsbegleitende Programme. Mit Themen wie „Öffentliche Verwaltung“ oder „Mittel-und Osteuropa“ möchte man sich von anderen Akademien abheben.

Nach einer Anlaufphase sollen ab 2004 die ersten Studiengänge starten. In ein paar Jahren sollen jährlich bis zu 4.000 künftige Führungskräfte bei bis zu 60 international anerkannten Professoren büffeln. „Eine Business School mit einem so hohen qualitativen Anspruch gibt es in Deutschland bisher nicht“, erklärte Gründungsdekan Wulff Plinke gestern. Das solle sich jetzt ändern. ULRIKE HEIL