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berliner szenen in der neuen wohnung

Das Geruchsmuseum

Wenn man sie heizte, begannen die Räume immer mehr nach 50 Jahren Zigarettenrauchen zu riechen. Die Nikotinnote war dezenter als in Eckkneipen und vermischt mit Ideen von deutschem Mittagessen, Kohlenstaub, Heizlüftergeruch, Hasch und nasser Wäsche, die am Ofen getrocknet wurde. Nachdem ich erfahren hatte, dass das Dachgeschoss 1945 ausgebrannt war, roch es ein paar Tage auch nach Feuersbrünsten. Die neue Wohnung war ein Geruchsmuseum, das man unter Denkmalschutz stellen sollte. Ein paar Wochen fühlte ich mich unpassend in diesen Räumen, registrierte das, was sich mir als anderes entgegenstellte, und hatte allerlei Déjà-vus und Skrupel, entschieden mit dem Renovieren zu beginnen. Zwei Tage dämmerte ich sogar mit Bob Dylan herum und dachte, dass man diesen spezifischen Kreuzberger Geruch abfüllen und in ein Alltagsmuseum stellen sollte. Man könnte den abgefüllten Geruch auch analysieren und ihn dann mit naturidentischen Geruchsstoffen nachbauen. Beim Untergang der DDR hatte man es leider versäumt, den Hallenser oder auch Leipziger Geruch etwa zu archivieren.

Meist war ich allein und stillte meine Sozialisierungsbedürfnisse durch tägliche Besuche in der „Domäne“. Am Morgen war ein Leierkastenmann dort unten auf der Straße. Es leierte „Junge, komm bald wieder“ und andere Klassiker. Um halb drei Uhr nachts schaute ich wieder aus dem Fenster. Hinter den Gardinen in dem Zimmer gegenüber war wieder dies komische blaue Flackern, dass ich schon so oft nachts da oder da gesehen hatte. Erst jetzt begriff ich, dass da jemand herumzappt, ziemlich schnell, alle paar Sekunden, und die Vorstellung, dass das schon seit Jahren so geht, deprimierte mich. DETLEF KUHLBRODT

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