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Verkehr bleibt weiter ungeplant

Diese Woche nennt Bundesregierung „Rohdaten“ des überarbeiteten Plans für Verkehrsinvestitionen. Endgültige Fassung wird nach der Wahl vorgestellt. Rot-Grün fürchtet dort Unmut, wo mit Umgehungsstraßen Stimmen geworben werden

aus Berlin KATHARINA KOUFEN

„Zügig überarbeiten“ wollte die Regierung den Investitionsplan für Verkehrsprojekte. So steht es im Koalititonsvertrag. Doch nun, fast vier Jahre später, äußert sich das Verkehrsministerium lediglich zum Stand der Dinge. Diese Woche stellt er die „Rohdaten“ des Plans vor. Es herrscht Wahlkampf, und Minister Kurt Bodewig (SPD) fürchtet die Kritik von Ländern und Opposition. Konkret werden will er erst Anfang 2003 – wenn die Wahl vorbei ist.

Der Investitionsplan stammt aus dem Jahr 1992, als die Regierung Kohl ihn unter massiver Kritik der Opposition und der Umweltverbände beschlossen hat. Denn nicht nur bezeichnet ihn der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) etwa als „umweltpolitisches Desaster“ – eine Meinung, der sich die Grünen noch bei der Regierungsübernahme anschlossen. Auch ist der Plan hoffnungslos unterfinanziert. Um alle bis 2012 geplanten Projekte durchzuführen, fehlen verschiedenen Berechnungen zufolge bis zu 90 Milliarden Euro.

Zu den Vorhaben gehören 11.600 Kilometer neue Autobahnen und Bundesstraßen, 3.000 Kilometer neue oder erweiterte Schienenstrecken sowie der Ausbau von Flüssen und Kanälen. Wenn der Bund nicht mehr als bisher, nämlich 11 Milliarden Euro pro Jahr, bereitstellt, lässt sich bis 2012 weniger als die Hälfte davon realisieren. Das weiß Bodewig und spricht von „Prioritätensetzung“. Doch welche Projekte konkret gestrichen werden, ist noch offen. Wenn Anfang 2003 der überarbeitete Investitionsplan vorliegt, wird der Bundestag darüber entscheiden – und das kann dauern. Verkehrsexperten, die schon länger dabei sind, erinnern sich noch, wie 1992 über mehr als hundert einzelne Bundestraßen, Ortsumgehungen und Bahnanschlüsse abgestimmt wurde.

Denn beim Feilschen um die Projekte geht es um die Interessen von Ländern und Kommunen. Zu den im Plan aufgelisteten Projekten mit Gesamtkosten von etwa 150 Milliarden Euro sind in den letzten zehn Jahren jede Menge neue Wünsche aus Ländern und Kommunen gekommen. Auf 538 Milliarden Mark summieren sich mittlerweile die Kosten. Und im Wahlkampf sieht es nicht gut aus, wenn eine versprochene Umgehungsstraße plötzlich doch nicht gebaut werden soll.

Immerhin ist Schröders dritter Verkehrsminister Bodewig der erste, der die Sache überhaupt angeht. Er lässt derzeit 600 Projekte auf ihr Umweltrisiko prüfen – doppelt so viele, wie die Regierung Kohl geplant hatte. Lärm wird nicht mehr nur innerhalb von Ortschaften mit in die Bewertung einbezogen, sondern auch außerhalb. Erstmals wird der Ausstoß von Kohlendioxid berechnet – mit Kosten von 200 Euro pro Tonne. Verlagerungen zwischen Schiene und Straße sollen stärker berücksichtig werden sowie „induzierter“ Verkehr – also solcher, der gerade aufgrund der Bauprojekte entsteht, wenn die Investitionen realisiert werden. Seine Ergebnisse stellt der Bund den Ländern und der Deutschen Bahn AG zur Verfügung. Die sollen bis Mitte Juli Stellung nehmen und eine Prioritätenliste abliefern.

Der BUND kritisiert, Natur- und Umweltschutz kämen dennoch zu kurz. Denn Ländern und Kommunen ginge es nur darum, möglichst viel Geld vom Bund zu erhalten und der Verkehrswegeplan funktioniere nach dem Prinzip: „Wer zuerst und ohne viel zu prüfen die rechtliche Grundlage für den Spatenstich geschaffen hat, bekommt das Geld.“ BUND-Verkehrsexperte Tilmann Heuser: „Leider bedeutet der Verzicht auf ein Straßenprojekt nicht, dass Geld für umweltfreundliche Lösungen bereitsteht. Stattdessen wird woanders eine Straße gebaut.“

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