piwik no script img

Ein Sack voller Vorbehalte

■ Bebauungsplan Stadtwerder: Beirat fordert Verkehrskonzept und viel ökologisches Bauen / Wer investiert in die umgedrehte Kommode?

Am Donnerstagabend haben der Beirat Neustadt und das Stadtplanungsamt ein weiteres Kapitel in das große Buch über die Geschichte der Stadtwerder-Bebauung geschrieben.

Wie es in Zukunft auf dem Stadtwerder aussehen soll, skizziert der jetzt im Beirat vorgestellte Bebauungsplan allerdings nur in groben Zügen. „Wir planen eine so genannte Mischnutzung: Eine Kernzone mit Dienstleistung und Gewerbe, daran anschließend eine lockere Wohnbebauung, und Grünflächen gibt es auch“, umreißt Ronald Risch vom Stadtplanungsamt den Planungsstand. Der stieß bei Beirat und Bevölkerung nicht nur auf Gegenliebe: Einen „Sack voll Einwände“ hätte der Beirat dem Stadtplaner mitgegeben, sagt Ortsamtsleiter Klaus-Peter Fischer.

Der „Sack“ enthält drei Anliegen: Die Frage nach der Zukunft der historischen „umgedrehten Kommode“, die Verkehrsanbindung des Stadtwerder und die ökologischen Belange, die der Beirat in einen Vertragswerk zwischen Stadt und der Grundeigentümerin swb AG sehen will.

Die auch für Nicht-NeustädterInnen spannendste Frage ist sicherlich: Was wird aus der umgedrehten Kommode? Die Besitzerin swb ag will das „Wahrzeichen der Neustadt“ (Beiratssprecherin Susanne Martens) voraussichtlich verkaufen. Schwierig: „Man muss sehr viel investieren, wenn man etwas draus machen will“, sind sich Amtsleiter Fischer und Beiratssprecherin Martens einig. Fischer ergänzt: „Das ist nur eine Hülle, innen ist das Gebäude vollkommen leer.“

Hohe Umbaukosten will ein Investor natürlich auch wieder erwirtschaften. Ob aber das Wunschkonzept von Beirat und Stadtplanern – ein öffentlicher Bereich „für Kultur“, ein Abschnitt für „interessantes Wohnen“ und als drittes gepflegte Gastronomie ganz oben im Haus – diese hohen Investitionen wieder einspielt, scheint unsicher. Selbst der „phantastische Blick auf die Bremer Altstadt“, den der Ortsamtsleiter sich schwärmerisch für das Restaurant vorstellt, dürfte dafür nicht reichen.

Martens ist pessimistisch, dass sich ein Käufer für das Gebäude findet: „So einen Riesen-Klotz bindet sich niemand ans Bein.“ Damit scheint sie falsch zu liegen: „Es gibt Interessenten für die umgedrehte Kommode. Ich weiß aber nicht, wer das ist und zu welchem Preis die swb verkaufen will“, sagt Stadtplaner Risch. Laut Risch soll es auch Investoren geben, die das Konzept 'Kultur plus Wohnen plus Gastronomie' umsetzen würden. Ein Hotel, das die Privatisierung des Hauses bedeuten würde, wollen weder der Beirat noch das Stadtplanungsamt darin sehen. Aber: „Das haben letzlich die Stadtwerke zu entscheiden, an wen sie verkaufen. Wir können da nur appellieren“, sagt Risch.

Ein anderes ungelöstes Problem macht dem Beirat aber erst recht „erhebliche Bauchschmerzen“: Der zusätzliche Auto-Verkehr, der mit der Bebauung auf den Stadtwerder strömen wird. Schon jetzt sei die Werderstraße von HochschülerInnen, InnenstadtbesucherInnen und anderen „Umsonst-Parkern“ strapaziert. Während das Stadtplanungsamt davon ausgeht, dass die Werderstraße dem Verkehrsaufkommen gewachsen sein wird, fürchten die NeustädterInnen vor allem das Rückstau-Potenzial beim Einfädeln von der Straße Herrlichkeit auf die Wilhelm-Kaisen-Brücke.

Das dritte Anliegen aus dem „Sack der Vorbehalte“ des Beirats ist die Forderung, dass auch ökologische Belange in den städtebaulichen Vertrag mit aufgenommen werden, den Bremen mit den Stadtwerken schließen wird. Der Vertrag regelt die Bedingungen, unter denen die Stadt Bremen bereit ist, das swb-Gelände in Wohngebiet umzuwidmen. Das könnte etwa heißen, dass die Stadt von der swb verlangt, nur an Investoren zu verkaufen, die auch die Installation von Sonnenkollektoren oder Blockheizkraftwerken fördern.

Dass im Bauressort die Wünsche des Beirats Neustadt gehört werden, da ist Ortsamtsleiter Fischer optimistisch: „Bisher hat man uns dazu auch immer angehört. Und wenn es dort schon keinen Park für die BürgerInnen gibt, dann wollen wir wenigstens mitreden.“

Ulrike Bendrat

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen