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Sinnsuche in Weiß

Beim Hamburger Tennisturnier treffen sich die deutschen Turnierdirektoren mit deutschen Spielern und diskutieren die Zukunft – ohne Ergebnis

Aus Hamburg OKE GÖTTLICH

Hamburg zeigt sich gern in Grau, rein wettermäßig. Über der Tennisanlage am Rothenbaum freilich hat sich dieser Tage auch noch eine verbale Smogglocke zusammengebraut, die über die natürliche Einfärbung der Stadt weit hinausgeht. Unkontrollierte Aussagen von Offiziellen verbinden sich zu einem undurchdringlichen, widersprüchlichen Dickicht, das einen feinen Filter benötigt, um der dicken Luft die schädigenden Wortpartikel zu entziehen, die dem Tennissport gesundheitliche Schäden zufügen könnten. Auch Turnierdirektor Walter Knapper lässt derzeit viel Dampf ab. Ihn nämlich nerven die ständigen Spekulationen um sein Turnier, „dem wichtigsten in Deutschland“, wie er gerne betont. Trotzdem fehlt es ihm und Hamburg, wie auch den vier anderen Turnieren in Düsseldorf, München, Halle und Stuttgart an wesentlichen Fernsehverträgen und Sponsoren. Für den Schwaben Knapper ist die Situation völlig klar: „Ich kenne keine Bank, die Geld schenkt oder kostenlos zur Verfügung stellt“, subsummiert er die miesen wirtschaftlichen Bedingungen aller Veranstalter.

Aus diesem Grund trafen sich die fünf Turnierdirektoren in dieser Woche, um gemeinsam mit den Spielern, aber ohne den DTB Zukunftsstrategien zu debattieren. Von Seiten der Veranstalter kam die Zusage, begehrte Wildcards vor allem deutschen Nachwuchsspielern zur Verfügung zu stellen. Außerdem forderten sie öffentlich wirksamere Auftritte der Profis ein. „Die Spieler sind gefordert, sich mehr zu engagieren“, sagt Knapper.

Eine Botschaft, die beim Hamburger Tommy Haas, der sich bei dem Strategietreffen durch seinen Vater Peter vertreten ließ, noch nicht angekommen zu sein scheint. Nach seiner glatten Zweisatz-Niederlage gegen den 20-jährigen Spanier Tommy Robredo (4:6, 4:6) konnte oder wollte Haas nicht zu den ihn persönlich betreffenden Querelen mit dem DTB oder der Teilnahme am Davis-Cup Stellung beziehen. Stattdessen versuchte der Weltranglistenzweite zu erklären, warum Niederlagen „manchmal nicht so schlimm“ sind, er „mit einem guten Gefühl“ zu den French Open fahre und weswegen er erst am Samstag zum World Team Cup nach Düsseldorf reise: „Ich muss noch auf meine Wäsche warten.“ Die Beantwortung weniger oberflächlicher Fragen überlässt er dann aber doch lieber dem Spielersprecher Christian Vinck. „Spieler und Veranstalter wollen nicht mit leeren Stadien und fehlenden Sponsoren den Preis für einen schlechten Ruf zahlen, den andere zu verantworten haben“, sagt der. Eine Kritik, mit der Vinck – ebenso wie der Direktor des Stuttgarter Weißenhof Turniers Bernd Nusch („Wir haben ein erstklassiges Produkt, aber Imageprobleme, die weder Spieler noch Turniere zu verantworten haben“) eindeutig in Richtung DTB-Präsidium zielt.

Für Walter Knapper sind derlei Differenzen nur weiter rufschädigend. „Es bringt nichts, sich gegenseitig etwas vorzuwerfen“, sagt er. Auch die neu ins Gespräch gebrachte Funktion von Michael Stich, der nach Ansicht der Spieler für mehr sportliche Kompetenz sorgen könnte, indem er den Posten des Sportwarts ausfüllt, sieht Knapper skeptisch: „Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind das einzig Entscheidende“, glaubt er.

Zur aktuellen Situation befragt, sprudeln Zukunftsvisionen nur so aus dem Hamburger Turnierdirektor heraus: „Nicht kopieren, sondern kapieren“, lautet sein Slogan um die Masters-Serie in Hamburg zu halten. Vielleicht mit einem gemeinsamen (statt bisher getrennten) Frauen- und Herrenturnier. Doch dazu muss für ihn neben dem Ausbau der Anlage am Rothenbaum auch eine Mehrfachnutzung gewährleistet sein. „Nur dann ist es finanziell sinnvoll“, sagt Knapper.

Sinnvoll – vielleicht ist das das einzig richtige Wort, das in den vergangenen sinnentleerten Monaten noch als Slogan dienlich sein kann, um Zuschauer, Fernsehsender und Sponsoren von Tennis zu überzeugen.

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