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Impressionen aus dem Fußball-Unidyll

Der 500. „Tatort“ spart sich alle flachen Gags und Mätzchen früherer Jubiläen der langlebigen ARD-Reihe. „Endspiel“ ist einfach nur guter Krimi. Und funktioniert außerdem noch als engagierte Sozialreportage (Mo., 20.15 Uhr, ARD)

Die meisten Menschen verschicken Postkarten, auf denen romantische Motive zu sehen sind. Jesiah Kumono verschickt lieber Bilder vom Weserstadion.

Mit der Impression aus der deutschen Fußballidylle will er seine Familie in Ghana beruhigen, die glaubt, ihr Spross spiele in der Bundesliga. In Wirklichkeit hat Kumono (Eric Baokye) das Stadion von Werder Bremen noch nie von innen gesehen, sondern schlägt sich durch die dritte und vierte Liga, wo nach den moralischen Maßstäben des Baugewerbes gehandelt wird: Ohne billige Arbeitskräfte aus dem Ausland läuft gar nichts. Und der Umgangston ist martialisch. Der Trainer des kleinen FC Bremen ist ein Rassist, der in der Kabine über die „schwarzen Ärsche“ im Team schwadroniert. Bald wird der ungeliebte Schleifer mit eingeschlagenem Schädel in der Dusche gefunden; Kumono soll der Täter sein.

Den FC Bremen, wo der Afrikaner verpflichtet ist, gibt es nicht wirklich. Der Verein wurde erfunden, um die Mechanismen in den Billigsektionen der deutschen Fußballindustrie vorzuführen. So funktioniert der 500. „Tatort“ nicht nur als Krimi, sondern auch als Sozialreportage. Und es ist durchaus bemerkenswert, dass dieses Jubiläum – anders als andere „Tatort“-Jubelfeiern – ohne Gimmicks oder Glamour auskommt. Als vor eineinhalb Jahren das 30-jährige Bestehen der Serie begangen wurde, setzte man vor allem auf selbstreferenzielle Gags: Die Folge „Quartett in Leipzig“, in der die Kölner Kommissare Schenk und Ballauf den sächsischen Kollegen Ehrlicher und Kain zuprosten, geriet zu einem bierseligen Betriebsausflug. Und so durfte daran gezweifelt werden, ob der „Tatort“ noch dazu taugt, so etwas wie Gegenwart abzubilden.

Nun zerstreut ausgerechnet das in Sachen Brisanz kaum auffällig gewordene „Tatort“-Team von Radio Bremen solche Zweifel. Die seit fünf Jahren im kleinen Stadtstaat agierende Hauptkommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel) ermittelte sich bislang durch Plots, deren Aufgeregtheit gekünstelt wirkte. Für „Endspiel“ wurde jetzt der Argentinier Ciro Cappelari als Regisseur verpflichtet, der zuvor vor allem als Kameramann („Aprilkinder“) gearbeitet hat. Eine mutige und gute Wahl, mit genauem Blick erkundet er die Niederungen des hiesigen Sportgeschäfts und breitet ein Geflecht aus Sehnsüchten, Ängsten und Abhängigkeiten aus.

Trotzdem wirkt dieser „Tatort“ keineswegs überladen und gerät nicht zum reinen Issue-Film. Was daran liegt, dass Cappellari sich an die Genreregeln des Sportdramas hält; die Nervosität schnell geschnittener Schlachtentableaus etwa entlädt sich wenig später in verbalen Duellen unter der Dusche.

Und so bekommen die Worte „Geld“ und „Fußball“ wenige Tage vor Beginn der WM in Japan und Korea noch einmal einen besonders üblen Klang. CHRISTIAN BUSS

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