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Staatsziel Tierschutz

Mit der Bundestagsentscheidung ist Deutschland das erste EU-Land, in dem Tierschutz Verfassungsrang erhält. Für die Tiere ändert sich wenig

BERLIN rtr ■ Nach jahrelanger Diskussion hat sich der Bundestag für die Aufnahme des Tierschutzes in die Verfassung ausgesprochen. Das Parlament einigte sich am Freitag bei 19 Gegenstimmen auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf von SPD, Grünen, Union, und FDP, der in Artikel 20 a des Grundgesetzes das Staatsziel Tierschutz festschreiben soll. Die Zustimmung des Bundesrates gilt als sicher. Deutschland ist das erste EU-Land, in dem Tierschutz Verfassungsrang erhält. Die Entscheidung war möglich geworden, nachdem die Union ihren Widerstand aufgegeben hatte. Die Verfassungsänderung soll im Sommer in Kraft treten.

Bundesverbraucherministerin Renate Künast (Grüne) sagte, mit der Grundgesetzänderung erhalte der Tierschutz „ein ganz neues Gewicht“. Sie beklagte, dass es immer noch zu lange Tiertransporte und zu viele vermeidbare Tierversuche gebe. „Auch dafür brauchen wir eine entsprechende Regelung im Grundgesetz“, sagte Künast. Die Gesetzesänderung könne Vorbild sein für andere EU-Länder. Die parlamentarische Staatssekretärin im Innenministerium, Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD), sagte, die Neuregelung erkenne die Leidensfähigkeit der Tiere an.

Der CDU-Abgeordnete Wolfgang Freiherr von Stetten nannte den Gesetzentwurf einen „Kompromiss, bei dem sich alle als Sieger fühlen“. Er ließ erkennen, dass die Union ihre Position auch auf Drängen von Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) geändert hat. Stoiber hatte seinen Einsatz unter anderem mit der Aufhebung des Schächtverbots für muslimische Metzger durch das Bundesverfassungsgericht begründet. Beim Schächten werden Tiere unbetäubt mit einem Messer getötet, so dass sie vollständig ausbluten können. Der Rechtsexperte Wolfgang Löwer sieht für Stoibers Hoffnung keinen Anlass. Im taz-Interview hatte Löwer gesagt, dass das Schächten bereits jetzt grundsätzlich verboten sei, aus religiösen Gründen aber ausnahmsweise erlaubt werden könne. Dabei bleibe es auch künftig, denn auch wenn der Tierschutz im Grundgesetz verankert sei, könne er die Religionsfreiheit nicht aushebeln.

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