: Willkommene Erinnerung
betr.: „Lehrer, die wir laufen ließen“, Serie (Wahrheit), LeserInnenbriefe dazu, taz vom 17. 5. 02 („Sind Sie noch zu retten?“)
Domplatztag
Wir haben die Glocken geläutet. / Wir haben gebetet. / Wir haben unser Schülerprojekt gegen Gewalt forciert.
Ich habe geheult, / als die SchülerIn ihren klugen Text runterhaspelte. / Schon bei der anderen – Tage zuvor! / Das kontinuierliche Gepiepse der Handys / und der angekarrten Trauerkids / haben wir am Fernseher nicht mitgekriegt. / Es ist verbürgt. / Als die Politikerin loslegte, habe ich gekotzt und abgedreht.
Die Serie „Lehrer, die wir laufen ließen“ / halte ich für eine sehr angemessene Art, / mit dem Erfurter Geschehen umzugehen. / Namentlich die „Setzlinge“ sind wahrhaftige „Wahrheit“, / der sich niemand verschließen kann, / der acht oder mehr Jahre beschult worden ist.
Mit dieser Serie wollte ich mein Programm / zum „Verdoppeln der taz-Leser“ starten. / Aber nun ist sie zu schnell zu Ende. / Und ich bin sauer drüber. JO WINTER, Thüringen
Solche Geschichtchen haben wir alle auf Lager, die taz muss nicht unbedingt damit gefüllt werden. Übel daran war der Zeitpunkt, an dem sie erschienen. […]
Ich könnte auch Geschichten über Lehrer erzählen, die sich jahrzehntelang mühen, zum Beispiel um für ihre Schützlinge Praktikaplätze und Lehrstellen zu finden, die türkische Schülerinnen vor Zwangsverheiraten bewahren und die nach vielen Jahren noch zu jedem Klassentreffen eingeladen werden. Da gibt es eben wie in jedem anderen Beruf auch solche und solche. […]
DORIS KUNKEL, Stuttgart
Wie meine Familie und ich bemerkt haben, ist die Serie ja tatsächlich eingestellt worden. Wir bedauern das sehr.
Die Erfahrungen, die dort mit der Schule und den Lehrern geschildert wurden, haben wir doch so oder ähnlich alle erlebt. Dazu die treffsicheren Touchés von Tom; einfach genial. Ich hoffe, ihr habt nicht dem Druck einiger dummpfer „Lehrkörper“ nachgegeben, oder? Denn übertrieben waren weder die Touchés noch die Berichte.
Wir haben zwei schulpflichtige Kinder (7. und 9. Klasse) und können über unfähige und dumme Lehrer einiges berichten. Allgemeinbildung lernen unsere Kinder zu Hause und nicht in der Schule. Hier fehlt es selbst den Fachlehrern oft an nötigem Fachwissen, so dass das in der Schule Gelernte von uns zu Hause korrigiert werden muss. Dass Lehrer von Pädagogik nichts verstehen, ist ja nun mittlerweile kein Geheimnis mehr. […] Die sechs Stunden Schule täglich sind leider allzu oft reine Zeitverschwendung. […] Lehrer in Deutschland müssen sich Kritik gefallen lassen, solange sie eine so schlechte Arbeit abliefern (siehe Pisa).
THOMAS EULER, Senden
Es ist Ansichtssache, ob diese Serie auf die Wahrheitsseite gehört oder nicht; vielleicht müssen solche Erinnerungen – zu denen ich selbst einige beisteuern könnte – mit etwas Ironie gebrochen oder überspitzt werden, damit sie nicht allzu giftig daherkommen.
Ich halte mich selbst für eine halbwegs erträgliche Lehrerin, aber Fakt ist nach meiner Meinung, dass wohl kaum ein Lehrer/eine Lehrerin von sich behaupten kann, niemals – bewusst oder unbewusst – einen Schüler oder eine Schülerin gekränkt beziehungsweise verletzt zu haben. Ich spreche hier nicht für „Friede, Freude, Eierkuchen“ im Klassenzimmer, aber für die Wahrung der Menschenwürde von Kindern und Jugendlichen bei der Austragung von Konflikten, um es mal hochtrabend auszudrücken. Es darf zum Beispiel nicht unter der „Würde“ eines Lehrers/einer Lehrerin sein, sich vor der Klasse zu entschuldigen, wenn man sich im Ton vergriffen hat, es sollte selbstverständlich sein. Ich selbst hoffe, dass mir dies von Fall zu Fall rechtzeitig einfällt, und wenn nicht, ist eine solche Artikelserie eine willkommene Erinnerung daran. VERONIKA BAIER, Kassel
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