: Machtkampf in Kabul
Afghanische Behörden vereiteln Putsch gegen Interimsregierung in afghanischer Hauptstadt. Angriff auf Koalitionssoldaten bei Schahi Kot
KABUL ap/afp/rtr ■ Mit der Festnahme von mehr als 300 Personen haben die afghanischen Behörden nach eigenen Angaben einen Umsturzversuch gegen die Interimsregierung vereitelt. Die Verschwörer hätten eine Serie von Bombenanschlägen in der Hauptstadt Kabul vorbereitet, sagte der Leiter der Sicherheitsabteilung im Innenministerium, General Dschurat, gestern.
Die meisten Festgenommenen, von denen 160 nach Angaben der Interimsregierung inzwischen wieder freigelassen wurden, seien Mitglieder der fundamentalistischen muslimischen Organisation Hesb-i-Islami, die von dem ehemaligen Ministerpräsidenten Gulbuddin Hekmatjar angeführt wird, erklärte Dschurat. Es gebe Dokumente, die eine Verwicklung Hekmatjars in die Verschwörung belegten. Hekmatjar bezeichnet die afghanische Regierung unter Hamid Karsai als illegal. Er gilt als besonders brutaler Kriegsherr. Hekmatjars Partei Hesb-i-Islami vertritt insbesondere die Mehrheitsvolkgruppe der Paschtunen. Die wichtigsten Posten in der afghanischen Interimsregierung sind mit Tadschiken besetzt. Sie stellen die mächtigste Fraktion innerhalb der Nordallianz, die mit US-Unterstützung die Taliban zu Fall brachte.
Bei der Jagd auf die Reste der Al-Qaida- und Taliban-Truppen im Südosten Afghanistans ist nach offiziellen Angaben eine Patrouille der Koalition gegen den Terrorismus mit Raketen beschossen, aber verfehlt worden. Der Angriff liefere „einen guten Hinweis“ dafür, dass noch nicht alle Islamisten aus der Gegend vertrieben worden seien, sagte gestern ein Koalitionssprecher. Der Angriff ereignete sich am Mittwoch an einem Bergmassiv namens „Der Wal“ in der Nähe des Tales von Schahi Kot, wo al-Qaida und Taliban der Koalition vor wenigen Wochen die größte Schlacht seit Beginn des Krieges im Oktober geliefert hatten.
Die afghanische Regierung hat von der internationalen Gemeinschaft 422 Millionen Dollar zum Wiederaufbau der Streitkräfte und der Polizei gefordert. Der Außenminister der Übergangsregierung, Abdullah Abdullah, sagte am Mittwoch auf einer Konferenz von Geberländern in Genf, die Teilnehmer seien sich der Dringlichkeit von Leistungen für den Sicherheitsbereich bewusst. Eine Geberkonferenz in Tokio sicherte Afghanistan im Januar 4,5 Milliarden Dollar für den Wiederaufbau des Landes zu. Darin sind aber keine Gelder für den Aufbau der Sicherheitskräfte enthalten.
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