: Wechselspielchen
Der SPD-Abgeordnete Ralf Hillenberg, als Kreischef geschasst, drängt Klaus Wowereit zum Parteivorsitz
„Modern und lustig“, gibt der Pankower SPD-Abgeordnete Ralf Hillenberg auf den Internetseiten der Berliner Sozialdemokraten als Lebensmotto an. Nicht so lustig findet er, dass er seit dem Wochenende nicht länger Chef des größten Ostberliner SPD-Kreisverbands ist. Dass ihn die Delegierten nicht wiederwählten, schreibt er Peter Strieder zu, dem Landeschef der Sozis. Ihn hatte Hillenberg zuvor heftig kritisiert: Nicht wiederwählen sollte ihn der SPD-Landesparteitag am 16. Juni. Gestern legte er noch eins drauf: Klaus Wowereit solle nicht nur den Senat, sondern auch die Berliner SPD führen. „Angesichts des Scherbenhaufens, vor dem die SPD mit Peter Strieder steht, kann sich Wowereit dieser Verantwortung nicht länger entziehen“, sagte Hillenberg der taz.
Die Delegierten der SPD im Bezirk Pankow hatten am Wochenende den 52-jährigen Hans Misselwitz zum neuen Kreischef gewählt. Für ihn gab es 30, für den 45-jährigen Hillenberg nur 20 Stimmen. Misselwitz arbeitet in der SPD-Bundeszentrale für Parteivize Wolfgang Thierse, für den im Bundestag auch der Strieder-Stellvertreter Sven Vollrath tätig ist. Über Vollrath soll Strieder Hillenbergs Abwahl eingefädelt haben. „Er persönlich wird es nicht gewagt haben, einzugreifen“, meint Hillenberg.
„Blödsinn“, sagt dazu Strieder-Sprecher Hannes Hönemann. „Misselwitz ist doch von den Delegierten gewählt und nicht von Strieder eingesetzt worden.“ Vor dem Pankower Parteitag hatten 6 der 14 SPD-Abteilungen des Kreisverbands Misselwitz nominiert, der zu Wendezeiten Staatssekretär im DDR-Außenministerium war. Auch er dementierte die angebliche Verschwörung: „Von einer solchen Linie halte ich nichts und weiß ich nichts.“ Strieder habe mit ihm nicht über Derartiges gesprochen. „Auch bei Sven Vollrath kann ich nicht erkennen, dass der nun unbedingt ein eingeschworener Gefolgsmann Strieders ist.“
Hillenberg hatte Strieder mehrfach offen kritisiert. Vergeblich forderte er etwa Posten in Senat und Parlamentsspitze für SPD-Mitglieder aus den östlichen Stadtbezirken. Zudem lehnte er ein Reformpapier Strieders ab. Es sieht unter anderem vor, die SPD-Kandidaten für die Abgeordnetenhauswahl nicht länger über die Bezirke, sondern über eine Landesliste aufzustellen. Außerdem sollen die Kreisgeschäftsführer künftig aus der Landesparteizentrale heraus arbeiten. Hillenberg sieht dadurch vor allem den Einfluss der östlichen Kreisverbände schwinden.
STEFAN ALBERTI
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