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Keine Einmischung

Senat verhandelte Bratling-Projekt nicht mal unter „Verschiedenes“: Artgenda-Projekt „Riesenbratling“ der Gruppe Wuuul läuft weiter

von PETRA SCHELLEN

Fast könnte man es als einen Sieg kreativ-künstlerischer Denkungsart betrachten: Immer irrationaler gestaltet sich die Diskussion um das Artgenda-Projekt „Riesenbratling“, den die Gruppe Wuuul das Fliegen lehren will.

Fast schon anrührend irrational war auch die gestrige Antwort des Senatssprechers Christoph Schnee auf die Frage nach Ole von Beusts Haltung zu dem Projekt: „Der Bürgermeister befasst sich mit wichtigeren Dingen – wie der Integration Jugendlicher. Aber zu solchen Pressekonferenzen erscheinen Sie ja nicht.“ Rätselhaft, was dies mit dem „Riesenbratling“ zu tun hat. Zwei zweckdienliche Sätze sagte der Sprecher dann aber doch: „Der Senat war sich einig: Mit Lebensmitteln spielt man nicht.“ Und: „In Kunst mischen wir uns nicht ein.“

Der Bratling war nie Thema im Senat

Unwahr sind also Meldungen über ein Ende des Projekts. Falsch ist die Behauptung, der Bratling bleibe am Boden. „Der Bratling fliegt,“ bestätigt Kulturbehördensprecher Andreas Ernst. Ob auf öffentlichem oder auf Privatgrund, sei noch unklar: „Das avisierte Areal zwischen König der Löwen-Zelt und den Hallen von Blohm + Voss ist teils privat, teils öffentlich.“ Der Senat habe – anderslautenden Bild-Meldungen zum Trotz – kein Verbot ausgesprochen. „Der Senat hat sich überhaupt nicht mit der Angelegenheit beschäftigt, auch nicht unter dem Punkt ,Verschiedenes‘“, so Ernst.

Über Inhalte haben Künstler entschieden

Abgesehen davon begreift Ernst die plötzliche Aufregung nicht: „Projektskizzen sind vor Monaten bei EU, dem Bund, der Hamburger Kulturstiftung und der Zeit-Stifung eingegangen, die die Artgenda, wie die Kulturbehörde, finanziell unterstützen.“ Über die konkreten Projekte habe die Artgenda-Concept-Conference entschchieden. „Und die besteht aus Künstlern und nicht aus Behördenmitarbeitern.“ Sinnvoll. Denn letztere hätten womöglich nach Gusto entschieden – eine Ebene, auf die manche derzeit penetrant einschwenken.

Völlig aus dem Blick gerät dabei, dass das „Bratling“-Projekt bloß eins von 36 Artgenda-Werken ist. Und dass die Kulturbehörde seinerzeit stolz war, die Biennale in die Stadt zu ziehen. Insgesamt 170 Künstler aus den Ostsee-Anrainerstaaten werden vom 7. bis zum 23. Juni anreisen. Erstmals in der Geschichte der seit 1996 durchgeführten Artgenda – vorige Stationen waren Kopenhagen, Stockhholm und Helsinki – werden die Gäste künstlerische „Patenschaften“ mit Hamburger Kollegen eingehen und Work in Progress-Aktionen durchführen.

Neue Impulse erhoffen sich die Künstler – persönlich, künstlerisch, womöglich auch in puncto Kulturpolitik. Doch gerade die zeigt sich derzeit – und das ist wirklich peinlich – von ihrer engstirnigsten Seite. Schämen muss man sich angesichts der derzeitigen Diskussion gegenüber Gästen aus den Ex-Visegrad-Staaten, die mit Zensur genügend Erfahrung haben.

Kein demokratisches Kunstverständnis

Ein leuchtendes Beispiel für Offenheit, Liberalität und demokratisches Kunstverständnis – inklusive Toleranz – ist der aktuell geführte Diskurs jedenfalls nicht. Und solch rückwärts gewandtes, provinzielles Denken ist wohl das Allerletzte, was die Künstler aus Nord- und Osteuropa von der Stadt Hamburg erwartet haben.

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