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Bewag unter Beobachtung

Erneut geht das Bundeskartellamt gegen die Bewag vor, diesmal wegen zu hoher Preise für die Durchleitung von Strom. Zuvor waren die Kompetenzen des Amtes eingeschränkt worden

von UWE RADA

Auch wenn die Bewag wegen zu hoher Strompreise immer wieder Kunden verliert – beim Bundeskartellamt ist der mittlerweile zum schwedischen Vattenfall-Konzern gehörende Berliner Stromerzeuger ein Dauerkunde. Nach 1999 haben die Wettbewerbshüter nun das zweite Verfahren gegen die Bewag eröffnet. Grund: mutmaßlich überhöhte Preise bei der Durchleitung von Strom anderer Anbieter.

Das Bundeskartellamt teilte gestern mit, es bestehe der Verdacht, dass die Bewag Stromanbieter durch missbräuchlich überhöhte Entgelte für die Nutzung ihrer Netze behindere. Das eingeleitete Verfahren, sagte Kartellamtspräsident Ulf Böge, betreffe die Netzmonopole der Bewag für Haushalts-, Gewerbe- und Industriekunden. Von Letzteren verlange die Bewag nach ersten Ermittlungen über 25 Prozent mehr als die Konkurrenz.

Die Bewag wies die Vorwürfe postwendend zurück. Der Vorwurf, die Preise seien um 25 Prozent zu hoch, sei nicht nachvollziehbar und betreffe offenbar einen untypischen Einzelfall, sagte Bewag-Sprecher Olaf Weidner. Bei einer Prüfung der Preise durch das Landeskartellamt im November 2000 seien keine Anhaltspunkte für einen Missbrauch gefunden worden.

Ohnehin fallen Strom- wie Durchleitungspreise nicht mehr automatisch unter die Zuständigkeit der Kartellbehörden. Denn im Rahmen des mittlerweile verabschiedeten neuen Energiewirtschaftsgesetzes unterzeichneten Stromanbieter und ihre Kunden eine „Verbändevereinbarung“, nach der die Preise „guter fachlicher Praxis entsprechen“. Das Kartellgesetz sei in diesem Zusammenhang nur noch „im Übrigen“ anwendbar.

Genau dieser Passus hat das Bundeskartellamt nun offenbar dazu bewogen, ein Zeichen zu setzen. Dadurch, sagte Kartellamtschef Böge, werde die Arbeit seines Amtes zur Durchsetzung des freien Wettbewerbs behindert. Sein Amt werde jedoch „alles in seiner Macht Stehende tun, um missbräuchliches Verhalten beim Netzzugang und der Netznutzung zu unterbinden“. Das Verfahren gegen die Bewag sei nun ein erneutes Signal an alle Stromversorger, dass man auch künftig gegen überhöhte Nutzungsentgelte vorgehen wolle.

Mit einem schnellen Abschluss des Verfahrens ist nicht zu rechnen. Das erste Verfahren des Kartellamts vor drei Jahren führte erst nach Monaten zu einem Ergebnis. Damals hatten die Wettbewerbshüter noch die prinzipielle Bereitschaft der Bewag erzwingen wollen, Strom anderer Anbieter durchzuleiten. Die Bewag hatte behauptet, dass die damals einzige 380-Kilovolt-Leitung von Berlin nach Westdeutschland keine zusätzlichen Kapazitäten ermögliche.

Nachdem im Dezember 1999 die Durchleitung von Strom bundeseinheitlich geregelt wurde, musste auch die Bewag klein beigeben. Das Ergebnis: Großkunden, aber auch öffentliche Verwaltungen beziehen heute ihren Strom von deutlich billigeren Anbietern, so auch das Berliner Abgeordnetenhaus, das seinen Strom vom baden-württembergischen Konzern EnBW bezieht.

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