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Kiepert verbucht Leserschwund

Die Traditionsbuchhandlung steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Kündigungen und die Verkleinerung der Hauptfiliale sollen Familienbetrieb vor der Insolvenz retten

Bei der letzten großen Krise ging sie noch in die Offensive: Im Jahr 1999 baute die Buchhandlung Kiepert ihr Haupthaus am Ernst-Reuter-Platz groß um, erweiterte die Verkaufsfläche und nahm ein Cafe und einen Zeitschriftenladen hinein. Schon damals hatte eine Unternehmensberatung zum Stellenabbau geraten, doch die Familie Kiepert konnte betriebsbedingte Kündigungen gerade noch verhindern. Das wird jetzt anders sein.

Bei einer Personalversammlung am Mittwochabend verkündete Andreas Kiepert, Geschäftsführer des wirtschaftlich angeschlagenen Familienbetriebs, dass es diesmal nicht ohne Entlassungen gehen wird. Wie viele der etwa 300 Stellen in den neun Filialen bedroht sind, sei noch offen. Die Kiepert-Mitarbeiter bangen aber nicht nur um ihre Stellen, sondern auch ganz akut um ihr Geld: Nur 70 Prozent des Mai-Gehalts wird ihnen pünktlich ausgezahlt, den Rest werden sie frühestens in einer Woche bekommen. „Wir brauchen das als Liquiditätspuffer“, so eine Firmensprecherin. Eine Insolvenz gebe es nicht.

Auch an Platz will die Traditionsbuchhandlung sparen. Die Kieperts wollen sich von einem Stück der teils eigenen, teils gemieteten Fläche ihrer Hauptfiliale nahe der Technischen Universität trennen. Die 110.000 Titel, die im Hauptgeschäft angeboten werden, sollen erhalten bleiben, müssen aber zusammenrücken. Keines der neun Geschäfte soll geschlossen werden.

Die Krise des Berliner Buchhandels, die nicht nur den Familienbetrieb Kiepert bedroht, begann Ende der Neunzigerjahre: Mit dem Einzug der Buchhandelsketten Hugendubel, Dussmann und Thalia hat sich der Buchhandel in Berlin massiv vergrößert. Die Verkaufsfläche ist nach Angaben des Verbandes der Verlage und Buchhandlungen Berlin-Brandenburg in knapp vier Jahren um 30.000 Quadratmeter gewachsen, das ist mehr als ein Drittel. Der Umsatz aber, beklagt Detlef Bluhm, Geschäftsführer des Verbands, hielt dieser Steigerung bei weitem nicht stand.

Auch Kiepert sieht die Ursachen der aktullen Krise in der gestiegenen Konkurrenz, im stagnierenden Umsatz von Privatkunden und in den Sparmaßnahmen der öffentlichen Hand. „Die Berliner Bibliotheken“, so eine Firmensprecherin, „das waren unsere Großkunden.“

SABINE AM ORDE

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