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„Ökolandbau unprofessionell“

Kornelie Blumenschein, Geschäftsführerin der Ökolandbauvereins Gäa, über das mangelnde Krisenmanagement der Ökoverbände angesichts des Nitrofenskandals

taz: Der Öko-Anbauverband Naturland hatte schon im April Informationen über Nitrofen, ohne sie öffentlich zu machen. Wie beurteilen Sie dieses Verhalten?

Kornelie Blumenschein: Wir können nicht sagen: Naturland ist der Hauptschuldige. Die Enthüllungen der letzten Tage zeigen: Es hat auf vielen Ebenen Informationsdefizite gegeben – in Behörden, bei Herstellern und auch in der Politik.

Trotzdem wieg das Zurückhalten von Informationen von Naturland schwer. Schließlich rühmt sich die Öko-Branche eines rigiden Kontrollsystems und hoher Transparenz.

Wir haben innerhalb der Verbände in den letzten Tagen darüber hart diskutiert. Fakt ist: Der Öko-Landbau ist in den letzten zwei Jahren sehr stark gewachsen. Die Strukturen aber sind nicht in gleichem Umfang gewachsen, haben sich nicht genügend professionalisiert. Der Skandal zeigt: Der Branchenverband, den wir haben – die Arbeitsgemeinchaft ökologischer Landbau Agöl – verfügt nicht über ein funktionierendes Krisenmanagement. Wir als Ökoverband Gäa haben daraus unsere Konsequenzen gezogen und unseren Austritt erklärt.

Mit welcher Begründung?

Es gab sehr großen Druck von unseren Mitgliedsfirmen und einigen Landesverbänden. Neun Jahre waren wir Mitglied – zuletzt hauptsächlich mit dem Ziel, die Agöl in einen stärkeren Branchenverband zu intergrieren. Das aber ist gescheitert.

Auch die Biobranche braucht eine Dachorganisation.

Das auf jeden Fall. Die Gespräche in den letzten Tagen haben gezeigt, dass die Branche zusammenhält und sich nicht auseinander dividieren lässt. Wir sind uns einig, dass wir schnellstens eine neue Plattform brauchen. Ich bin überzeugt, dass der Nitrofenskandal beschleunigend auf diesen Prozess wirken wird. In diesem Sinne sehe ich in unserem Austritt auch eher ein Aufbruchssignal .

INTERVIEW: NICK REIMER

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