Kulturelles Nachtschwärmen

■ Tante belle cose: Die zweite „Lange Nacht der Museen“ am 8. Juni hält für die erwarteten 8.000 Gäste geradezu alles bereit – möglicherweise sogar laue italienische Temperaturen. Mittendrin: Die stündlich kreisende Kultourbahn

Lange Nächte sind in. Im Süden der Republik öffnen auch schon die Theater im Rahmen konzertierter Aktionen bei Mondenschein, Hamburg hat just am vergangenen Wochenende Zehntausende in 31 Museen (die sogar ihre Not- und Seiteneingänge öffnen mussten) kulturalisiert – nur unsere proletische Hauptstadt fällt mal wieder aus dem Rahmen. Dort plant mann „originellerweise“ eine „Lange Nacht der Puffs“ inklusive Shuttle-Service .

Gut, dass wir in Bremen leben. Bei uns wird es nächsten Sonntag (8. Juni) eine gediegene und gleichwohl prall gefüllte „Lange Nacht der Museen“ geben.

Das Museum Neue Weserburg empfängt die BesucherInnen auf jedem Stockwerk mit einem „Welcome-Stand“ und zeigt unter dem Motto „420 Minuten Cross-Over zwischen Kunst und Leben“ unter anderem aktuelles Mode-Design von Hfk-Studierenden – ein interessanter Gegensatz zu den Programmpunkten „Südseemode-show“ und Hulahup zum Mitmachen“ im Überseemuseum.

Dort besonders erfreulich: Die nächtliche Belebung des „Über-maxX“, des Schaumagazins des Überseemuseums. Dessen zigtausend Exponate werden mit einfallsreichen thematischen Führungen erschlossen: etwa die Schuhsammlung mit „Auf Schritt und Tritt“ und die Hut-Sammlung („Zwischen Himmel und Haupt“). Eine Extra-Fotoausstellung widmet sich unter dem Titel „Klein – schwarz – schnell“ Verteidigungsstrategien im Tierreich.

Durchs Focke-Museum und den umgebenden Park werden „Wesen aus dem Jenseits“ streifen (passend zur derzeitigen Sonderausstellung „Last Minute“ zum Thema Tod), auch in der Böttcherstraße ist nächtliches Treiben in Gestalt von „Kunstgeistern“ zu erwarten. Den Bogen zwischen dem mittelalterlich-orientierten Roselius-Haus und der klassischen Moderne in Gestalt der Paula Modersohn-Becker-Sammlung schlägt – auf musikalischen Wegen – das „Artemision Ensemble“.

Von dort ist es nicht weit zum Gerhard Marcks Haus, dessen Programm in einem mitternächtlichen Bronzegießen kulminiert – und zur Kunsthalle, wo unter anderem Mitglieder der Kammerphilharmonie spielen. Für 21 Uhr haben die Macher ein Gespräch zum Thema „Warum ist es nachts dunkel?“ angesetzt, in dessen Mittelpunkt der Bremer Astronom Wilhelm Olbers steht.

Das Wilhelm Wagenfeld Haus veranstaltet neben verschiedenen Führungen (zum Beispiel als „fröhliche Löffelkunde“) und Konzerten im Innenhof eine Designbörse. Und auch das kleine Dommuseum belebt seine aktuelle Ausstellung über die von Bremen ausgehende Slawen-Mission mit Auftritten des Helmold von Bosau, einem Chronik führenden Zeitgenossen. Selbst der Dom wird illuminiert und – zum Beispiel per Orgelführung – einbezogen.

Während vergangenes Jahr, bei der ersten „Langen Nacht der Museen“, so manche Großveranstaltung parallel stattfand, ist man dieses Mal besser koordiniert: keine Parallel-Festivals, abgesehen von den „Burglesumer Kulturtagen“ und den ständig stattfindenden Wall-Jubiläums-Events. Mit denen wirbt man gemeinsam – es seien auch gar keine anderen Werbeflächen mehr frei gewesen, erzählt der Bremer-Marketing-Chef Klaus Sondergeld offenherzig, der das Ereignis mit 25.000 Euro bezuschusst. So hofft man auf Synergieeffekte der beiden Veranstaltungen – die sich in der Tat auch eher einstellen dürften als bei der Durchmischung von „Vision Parade“-Anhängern und Besuchern eines weiteren Wall-Events am 22. Juni (siehe taz vom 27. Mai).

Eines müssen sich „Lange Nacht der Museen“-Flaneure natürlich klar machen: Man besucht nicht in Ruhe eine Ausstellung, kontempliert vor einzelnen Werken und setzt sich dann in aller Ruhe in eine Reflektions-Ecke. Die Museumsnacht ist ein Event, das von der Lust am gemeinsamen Durch-die-Räume-Geschoben-Werden lebt. Dass zu viele kämen, verursacht den Veranstaltern aber keine „primären Sorgfalten“ (Sondergeld). Letztes Jahr gab es „6.000 Besucher und 20.000 Besuche“ – jeder Bummler steuerte statistisch also knapp über drei Museen an – diesmal soll es 8.000 zahlende Besucher geben. Im Rahmen der BMG-Zeitungsbeilage wurde bis ins Ruhrgebiet geworben. HB

Die einzelnen Programmpunkte stehen im Tageskalender sowie in Faltblättern, die in den Museen und Pavillons der BTZ ausliegen.