piwik no script img

Die Köpfe gewinnen

Wieviel Bruch, wieviel Kontinuität gibt es von Rot-Grün zu Schwarz-Schill: 50 Initiativen laden zur Konferenz „Lichter der Großstadt“ ein

von KAIJA KUTTER

Die Sache neulich mit den Autos, lacht Dirk Hauer, „die war ja echt der Hohn“. Die CDU-Sozialsenatorin hatte Schlagzeilen mit der Ankündigung gemacht, sie wolle Sozialhilfeempfängern die fahrbaren Untersätze wegnehmen. Hauer: „Dabei ist doch seit Jahren klar: Sozialhilfeempfänger dürfen in Hamburg keine Autos haben.“

Wieviel Kontinuität, wieviel Bruch gibt es unter dem neuen Senat in der Sozialpolitik? Wo setzt Schwarz-Schill nur fort, was SPD und GAL begannen? Dies ist eine der Fragen, mit dem sich die Konferenz „Lichter der Großstadt“ befassen wird, zu der rund 50 Hamburger Initiativen von der Roten Flora bis zur DGB-Jugend fürs nächste Wochendende in die HWP einladen.

Eine gleichnamige Konferenz, nach dem bekannten Charlie Chaplin-Stummfilm benannt, der die Armut in der Stadt beschreibt, aber auch Optimismus und Lebenswillen ausstrahlt, hatte es 1999 schon einmal geben. Damals vor drei Jahren galt es zu analysieren, was der rot-grüne Senat mit seinem Konzept des „intelligenten Sparens“ anrichtete – einer Politik, die auch schon den Arbeitszwang für Sozialhilfeempfänger beibehaltete. „SPD und GAL haben heute ein Glaubwürdigkeitsproblem mit ihrer Oppositionspolitik“, sagt Dirk Hauer, langjähriger Sozialreferent zunächst der GAL und später des Regenbogens. Doch auch er erkennt in Schwarz-Schill eine neue Qualität: „Mit dem neuen Senat verliert die Sozialpolitik endgültig ihre Unschuld. Emanzipatorische Ansätze fallen ganz weg. Was bleibt, wird eingepasst in Law and Order.“

Die Konferenz will eine „fachpolitische Analyse“ vornehmen und nicht im Blick zurück verharren: „Es geht uns vor allem um Möglichenkeiten der Gegenwehr“, sagt Holger Giebner, der von Seiten des ver.di-Landesvorstands die Konferenz mit konzipiert. Dabei geht es der Vorbereitungsgruppe um nicht weniger als „die Hoheit über die Köpfe zurückzugewinnen“, in Zeiten, in denen es „schick ist, auf alles, was von ‘68 ausging, einzudreschen“, und neoliberale Prinzipen von Marktorientierung und Wettbewerb bis in die Reihen der Grünen hinein als „sexy“ gelten.

Ein Eingangsreferat soll sich denn auch mit der Steuerreform des Bundes befassen. „Die ist eine Katastrophe“, sagt Hauer. Dadurch sei für die Kommunen ein Sparzwang „ganz bewusst produziert“ worden. Hamburg habe aber auch eigenen Spielraum, die Einnahmen zu erhöhen. Holger Griebner zitiert hier gern ver.di-Chef Wolfgang Rose.

Der hatte kürzlich vorgerechnet, dass die Steuerausfälle wieder ausgeglichen wären, wenn die neun reichsten Hamburger, die zusammen über ein Vermögen von 26,6 Milliarden Euro verfügen, darauf zwei Prozent Steuer zahlten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen