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Der Ring ist komplett, nicht endlos

Ab Sonntag kommender Woche fährt die S-Bahn wieder rund um die Innenstadt – aber Vorsicht: Wer die City einmal umrunden will, muss aufpassen, wo er einsteigt. Sonst endet die Fahrt allzu schnell entweder in Buch oder in Königs Wusterhausen

von PHILIPP GESSLER

„Der S-Bahn-Ring ist komplett.“ So jubelt die S-Bahn Berlin GmbH, eine Tochter der Deutschen Bahn, und die verschiedenen Sprecher und Verantwortlichen nehmen immer wieder das Wort „stolz“, ja teilweise „historisch“ in den Mund – mit Recht: Denn erstmals seit dem Mauerbau vor 41 Jahren kann man in einem Zug wieder auf dem „S-Bahn-Ring“ die Innenstadt umrunden. Das letzte fehlende Teilstück zwischen Gesundbrunnen und Westhafen geht ab Sonntag, 16. Juni, mit dem neuen S-Bahnhof Wedding in Betrieb. Eine Umrundung der City wird 63 Minuten dauern.

Aber Vorsicht! Wer nun hofft, einmal in eine S-Bahn einsteigen zu können, um den ganzen Tag über immer im Kreis um die Innenstadt fahren zu können, irrt: Der S-Bahn-Ring ist nicht als so genannter „Vollring“ vorgesehen. Das war er nur zwischen 1944 und 1961, bis der Mauerbau den ganzen Ring zerstörte. Wer heute einmal die City umrunden will, kann das zwar, muss aber aufpassen, am S-Bahn-Ring in die richtige Linie einzusteigen. Die gegenwärtige S 4, die bisher den fast kompletten Ring fährt, teilt sich ab dem 16. Juni nämlich in insgesamt fünf Linien auf, die S 41, S 42, S 46, S 47 und S 8 – und je nachdem, welche Linie man nutzt, fährt man länger oder kürzer auf dem Ring.

Keine dieser Linie fährt nur im Kreis, weder die S 41, die den Ring im Uhrzeigersinn abfährt, noch die S 42, die die entgegengesetzte Richtung nimmt. Spätestens nach anderthalb Umdrehungen wechseln beide Linien am S-Bahnhof Gesundbrunnen ihren Namen und verlassen den Ring nach Norden (Richtung Buch) oder am Bahnhof Neukölln nach Süden (Richtung Spindlersfeld oder Königs Wusterhausen).

Was aber machen die Fahrgäste, die tatsächlich einmal den ganzen Ring fahren wollen – aus touristischen oder sentimentalen Gründen? Das wird am besten an einem Beispiel deutlich (bitte dazu den Plan vom S-Netz zur Hand nehmen, sonst versteht man gar nichts).

Angenommen Sie wollen im Uhrzeigersinn von Hohenzollerndamm einmal rund um die Innenstadt fahren und dann wieder am Hohenzollerndamm aussteigen: Dann müssen Sie – das ist so angezeigt – in die S 46 Richtung „Gesundbrunnen – S 41 Ring“ einsteigen. Das bedeutet, dass Sie bis zum Gesundbrunnen fahren, ihr Zug dort den Namen „S 41 Ring“ erhält und Sie ohne Umsteigen wieder zum Hohenzollerndamm gelangen. Wenn Sie jedoch noch weiter im Waggon sitzen bleiben würden, führen Sie mit Ihrer S 41 erneut bis zum Gesundbrunnen, wo Ihre Linie dann plötzlich den Namen S 2 erhielte und in den Norden Richtung Buch führe.

Wollen Sie gegen den Uhrzeigersinn vom Hohenzollerndamm die City umrunden und wieder am Einsteigebahnhof aussteigen, müssen Sie in die „S 42 Ring“ steigen. Am Gesundbrunnen ändert sich der Name in S 46 oder S 47 Richtung Königs Wusterhausen oder Spindlersfeld. Auch hier gilt wieder: Aussteigen am Hohenzollerndamm, sonst geht es ab Bahnhof Neukölln ohne Umsteigen weiter in den Süden nach Königs Wusterhausen oder Spindlersfeld! Zu kompliziert? Wenn man es einmal gefressen hat, geht es. Nur wie man das einem Ortsfremden erklären soll, bleibt unklar.

Aber immerhin verkürzen sich manche Fahrzeiten erheblich. Wer etwa vom Bahnhof Pankow zum Bahnhof ICC/Messe will, braucht künftig nicht mehr 39, sondern nur noch 19 Minuten – Umsteigen ist auch nicht mehr nötig. Klar, ein Fortschritt. Der Lückenschluss wird am 15. Juni mit einem Fest im Wedding und Probefahrten gefeiert.

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